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Neuer Anlauf zur Umsetzung der Richtlinie Sanktionsstrafrecht und 4. Auflage des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit

aus wistra 9/2025

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat am 14.8.2025 seinen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Europäischen Union vorgelegt und den Ländern und Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.8.2025 gegeben. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union (Richtlinie Sanktionsstrafrecht). Die zweijährige Umsetzungsfrist ist bereits am 20.5.2025 abgelaufen. Der jetzt vorgelegte Entwurf ist inhaltlich nahezu identisch mit dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften (BT-Drucks. 20/13958), der mit dem vorzeitigen Ende der 20. Legislaturperiode im März 2025 der Diskontinuität anheimgefallen ist. Gestrichen worden sind die damals in Art. 5 vorgesehenen Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (s. dazu jetzt BR-Drucks. 377/25, S. 16).

Zur Richtlinie Sanktionsstrafrecht s. Bernardini, EuCLR 2024, 4; Busch, wistra 2023, Register S. 31, wistra 2024 Register S. 39 ff., S. 57; Pelz, ZASA 2024, 579; Wolf/Ackermann, jurisPR-Compl 5/2024 Anm. 5; zu den Russlandsanktionen s. Herrmann/Abel, EuZW 2024, 589; zum vorangegangenen Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften (BT-Drucks. 20/13958) s. Busch, wistra 2024, Register S. 79; zum vorangegangenen Referentenentwurf s. ebenfalls Pelz, ZASA 2024, 579.

Die Neuregelungen passen die Straftatbestände des § 18 AWG an die Vorgaben der Richtlinie Sanktionsstrafrecht an (RefE, S. 1 f., 19). Dazu gehören die Strafbewehrung von Sanktionen aus dem Finanzbereich sowie von Transaktionsverboten, die Strafbewehrung von Vermögensverschleierungen (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b AWG-E), die Erweiterung der Meldepflichten (§ 18 Abs. 5a AWG-E) einschließlich der Strafbewehrung von Verstößen gegen Jedermannspflichten (§ 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E), die Schaffung von besonders schweren Fällen von Umgehungshandlungen (§ 18 Abs. 6a AWG-E), die Strafbewehrung des leichtfertigen Verstoßes gegen bestimmte Sanktionsverbote bei Dual-Use-Gütern (§ 18 Abs. 8a AWG-E), eine Strafbefreiung bei humanitärer Hilfe für bedürftige Personen (§ 18 Abs. 11 AWG-E) sowie Folgeänderungen. Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) soll zudem die Ermöglichung der Einreise einer gelisteten Person unter Strafe stellen (§ 95a AufenthG-E). Ferner wird für die vorsätzlichen AWG- und AufenthG-Straftaten das Höchstmaß der Verbandsgeldbuße gem. § 30 Abs. 2 S. 1 OWiG von 10 Mio. Euro auf 40 Mio. Euro heraufgesetzt (§ 19 Abs. 7 AWG-E, § 98 Abs. 7 AWG-E). Die neue Höchstgrenze soll auch bei vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzungen (§ 130 OWiG) gelten, wenn diese in einer AWG- oder AufenthG-Straftat münden (§ 19 Abs. 8 AWG-E, § 98 Abs. 8 AWG-E). Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten (Art. 5).

Trotz der inhaltlichen Identität unterscheidet sich der Regelungsteil des jetzt vorliegenden Entwurfs gesetzgebungstechnisch von dem vorangegangenen Regierungsentwurf. Grund dafür ist die Anpassung der Regelungstechnik an die neuen Vorgaben des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit (Handbuch), dessen vierte, vollständig überarbeitete Auflage das Bundesministerium der Justiz im Oktober 2024 herausgegeben hat. Das Handbuch ist das „zentrale Standardwerk der Legistik“ (Handbuch, S. 5) und die Bundesregierung hat es in ihrer Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) für die rechtsförmliche Gestaltung von Gesetzentwürfen verbindlich gemacht (§ 42 Abs. 4 GGO). Das Handbuch wird im Bundesanzeiger bekannt gemacht (BAnz AT 31.10.2024 B4) und ist im Internet in elektronischer Form kostenlos verfügbar. Der an die Vorgaben der Neuauflage angepasste Referentenentwurf soll zum Anlass genommen werden, die wesentlichen Änderungen gegenüber der Vorauflage darzustellen.

1. Vorgaben des neuen Handbuchs der Rechtsförmlichkeit

(a) Eine wesentliche Neuerung ist der Grundsatz „Revision vor Binnenrevision“. Danach soll die zu ändernde Gliederungseinheit eines Gesetzes stets komplett ersetzt werden, und zwar selbst dann, wenn lediglich einzelne Angaben wie Wörter, Ziffern oder Zeichen gestrichen, eingefügt oder ersetzt werden (Handbuch, Rz. 464). Ein Beispiel hierfür findet sich in Art. 1 Nr. 2 Buchst. a RefE, mit dem die Überschrift von § 13 AWG geändert wird. Im RegE (dort ebenfalls Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) lautete der Änderungsbefehl noch:

2. § 13 wird wie folgt geändert:

a) Der Überschrift werden die Wörter „; Vollzug von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen“ angefügt.

Im Referentenentwurf wird die Gliederungseinheit (hier die Überschrift) komplett durch die Neufassung ersetzt und der Änderungsbefehl lautet daher:

2. § 13 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird durch die folgende Überschrift ersetzt:

§ 13

Zuständigkeiten für den Erlass von Verwaltungsakten und für die Entgegennahme von Meldungen; Vollzug von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen.

Bei dieser Regelungstechnik erscheine eine Änderung in ihrem Kontext, der die rechtliche Bedeutung erkennen lasse (Handbuch, Rz. 464). Die Ersetzung sei außerdem weniger fehleranfällig als punktuelle Änderungen (Handbuch, Rz. 464). Tatsächlich sieht der Leser bei einer Revision sogleich den kompletten neuen Text der Gliederungseinheit, während man bei einer Binnenrevision den geltenden Regelungstext neben den Änderungsbefehl legen und gedanklich die Änderungen einarbeiten muss, um sich die Neuregelung zu erschließen. Bei der Revision ist allerdings nicht auf Anhieb zu erkennen, was sich geändert hat. Das ist bei der Binnenrevision anders, wie das Beispiel zeigt. Mit dem Änderungsbefehl „anfügen“ wird klar, dass der bisherige Text der Überschrift unverändert erhalten bleibt und nur am Ende um den im Änderungsbefehl wiedergegebenen Text ergänzt wird. Der Leser muss also auch bei der Revision den geltenden Regelungstext heranziehen und Wort für Wort mit der Neufassung vergleichen, um die Änderung nachvollziehen können. Sehr hilfreich sind daher Synopsen, die nach § 42 Abs. 1 GGO allen Gesetzentwürfen der Bundesregierung beigefügt werden sollen und die aktuelle Rechtslage den geplanten Änderungen gegenüberstellen, ohne selbst Bestandteil des rechtsverbindlichen Texts der Gesetzesvorlage zu werden.

Es bleibt nach dem Handbuch weiter zulässig, mit einer Binnenrevision gezielt lediglich einzelne Angaben wie Wörter, Ziffern oder Zeichen innerhalb von Gliederungseinheiten zu streichen, einzufügen oder zu ersetzen. Dies komme z.B. in Betracht bei Folgeänderungen, durch die ein und dieselbe Bezeichnung oder Verweisung an vielen Stellen geändert werden muss, oder wenn eine andere nur punktuelle Änderung besonders hervorgehoben werden soll (Handbuch, Rz. 464). Beispiele hierfür finden sich auch im Referentenentwurf (s. etwa Art. 1 Nr. 3 Buchst. b, c, d, f, g, j).

(b) Eine weitere Änderung gibt es bei Verweisen auf EU‑Rechtsakte, die gerade im Nebenstrafrecht (so auch im AWG) eine wichtige Rolle spielen. Es soll nur noch in der Kurzform zitiert werden und der statische Verweis (der im Strafrecht die Regel ist) durch den Zusatz „in der Fassung vom ...“ gekennzeichnet werden (Handbuch, Rz. 194). Dynamische Verweisungen werden nicht mehr gekennzeichnet (Handbuch, Rz. 205). Diese Änderungen erlauben kürzere Zitiernamen und machen die verweisenden Normen besser lesbar. So lautet bspw. § 18 Abs. 3 AWG bisher:

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 28), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2149 vom 9. Dezember 2020 (ABl. L 428 vom 18.12.2020, S. 38) geändert worden ist, verstößt, indem er

1. entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt oder

2. entgegen Artikel 11 Rohdiamanten ausführt.

Mit der neuen Zitierweise sieht die Vorschrift so aus (s. Art. 1 Nr. 3 Buchst. b RefE):

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 in der Fassung vom 27. Juli 2022 verstößt, indem er

1. entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt oder

2. entgegen Artikel 11 Rohdiamanten ausführt.

Das Vollzitat wird am Ende des Gesetzes unter der Überschrift „EU‑Rechtsakte“ angegeben (Handbuch, Rz. 195; s. S. 14 ff. RefE).

(c) Weitere Änderungen betreffen eher Feinheiten der Gesetzgebungstechnik. So wird nur noch der Änderungsbefehl „streichen“ verwendet und nicht mehr zwischen „streichen“, „aufheben“ und „außer Kraft setzen“ unterschieden (Handbuch, Rz. 469, 482 ff., 490). Die Änderungsbefehle „voranstellen“, „einfügen“ und „anfügen“ werden zukünftig nur noch mit „einfügen“ bezeichnet (Handbuch, Rz. 469, 492 ff., 499), die Änderungsbefehle „fassen“ und „ersetzen“ mit „ersetzen“ (Handbuch, Rz. 464). Die Unterscheidung zwischen „Angaben“, „Wörtern“ und „Absatzbezeichnung“ wird zugunsten von „Angabe“ aufgegeben (Handbuch, Rz. 477).

(d) Die vollständig überarbeiteten Empfehlungen zur sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften verweisen auf § 42 Abs. 5 S. 1 GGO, wonach Gesetzentwürfe „sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst“ sein sollen. Das Handbuch rät zu möglichst einfachen Formulierungen sowie klaren Beziehungen zwischen den verschiedenen Satz- und Textelementen, da dies den Regelungsgehalt deutlich hervortreten lasse und eine gute inhaltliche Orientierung ermögliche (Handbuch, Rz. 250). Dies sei durch verschiedene sprachliche Mittel erreichbar, z.B. durch einen klaren Satzbau, durch strukturelle Orientierungshilfen und begriffliche Einheitlichkeit sowie durch die Wahl gebräuchlicher und treffender Wörter (Handbuch, Rz. 250). Unnötig komplizierte Formulierungen erforderten unnötigerweise mehrfaches Lesen und sollten daher vermieden werden (Handbuch, Rz. 250). Zugleich solle die Wortwahl redlich sein und Sachverhalte weder verschleiern noch beschönigen (Handbuch, Rz. 300). Kürzungen (z.B. von Leistungen) oder Erhöhungen (z.B. von Gebühren) dürften nicht hinter Ausdrücken wie „Dynamisierung“ oder „Anpassung“ versteckt werden, sondern seien klar zu benennen (Handbuch, Rz. 300).

Zum Umgang mit Personenbezeichnungen verweist das Handbuch auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Bundesgleichstellungsgesetz sowie § 42 Abs. 5 S. 2 GGO, die vorgeben, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften auch sprachlich ausgedrückt werden solle, ohne aber festzulegen, wie dies zu geschehen habe (Handbuch, Rz. 318). Der dadurch eröffnete Gestaltungsspielraum solle so genutzt werden, dass Personenbezeichnungen sinnvoll, präzise und konsistent verwendet würden (Handbuch, Rz. 318). In seinem Vorwort zur Neuauflage erklärt der damalige Bundesminister Buschmann zudem, dass man nicht auf das generische Maskulinum verzichte und keine sog. Genderzeichen wie Doppelpunkt, Unterstrich oder Sternchen verwende (Handbuch, S. 5). Der Staat habe kein Mandat, um der laufenden gesellschaftlichen Debatte über angemessene geschlechterinklusive Bezeichnungen „sprachnormierend vorzugreifen“ (Handbuch, S. 5).

2. Straftatbestände

a) Verstöße gegen sektorale Sanktionen (Art. 1 Nr. 3; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a-g AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG-E soll Art. 3(1)(e) Richtlinie Sanktionsstrafrecht umsetzen, der eine Strafbewehrung von Verstößen gegen Ein- und Ausfuhrverbote verlangt. Zu den bisher schon in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG geregelten Strafbarkeiten kommt als Auffangtatbestand der Verstoß gegen Handelsverbote hinzu und es wird das Beförderungsverbot ausdrücklich genannt (RefE, S. 23). § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AWG-E bewehrt Verstöße gegen warenbezogene Dienstleistungsverbote (RefE, S. 23) und setzt ebenfalls Art. 3(1)(e) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um.

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AWG-E stellt Verstöße gegen Finanzdienstleistungsverbote unter Strafe und setzt Art. 3(1)(f) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um. Die Einbeziehung sonstiger Finanzdienstleistungen und sonstiger Finanztätigkeiten soll Verstöße gegen sanktionsrechtliche Verbote im Finanzbereich umfassend abdecken (RefE, S. 23). Teilweise waren diese Verstöße bislang nur gem. § 82 AWV mit Geldbuße bewehrt und werden jetzt zu Straftaten hochgestuft (RefE, S. 23; zu den Folgeänderungen in der AWV s. Art. 2).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d AWG-E soll Art. 3(1)(g) der Richtlinie Sanktionsstrafrecht Rechnung tragen, der eine Pönalisierung bei Verstößen gegen sonstige, nicht in Buchst. f genannten Dienstleistungsverbote vorgibt. Aus Transparenzgründen (RefE, S. 24) nennt die Neuregelung einige konkrete Beispiele für sonstige Dienstleistungen wie Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Erfasst sind zudem aber auch alle „gleichartigen Dienstleistungen“. Bei den „Vertrauensdiensten“ soll es sich um Aufsichts- und Organfunktionen gem. Art. 5aa(1a)(1b) der Verordnung (EU) 833/2014 handeln (Pelz, ZASA 2024, 579, 582).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e AWG-E pönalisiert den Verstoß gegen sonstige Transaktionsverbote und nennt ausdrücklich Verstöße gegen Miet- und Pachtverbote. Solche Verbote sind z.B. in Art. 20(1) Verordnung (EU) 833/2014 vorgesehen und bisher nur mit Geldbuße bewehrt (s. § 82 Abs. 12 Nr. 6, 7 AWV, den Art. 2 Nr. 1 Buchst. j aufhebt; RefE, S. 12). Die Vorschrift setzt Art. 3(1)(d) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um (RefE, S. 24). Hintergrund der ausdrücklichen Nennung von Miet- und Pachtverträgen soll der Fall um den Betrieb eines Hostels auf dem Gelände der Botschaft Nordkoreas in Berlin sein (Pelz, ZASA 2024, 579, 581). Die Vorschrift greift nur bei Transaktionen mit Drittstaaten sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen und Organisationen (RefE, S. 24), zu denen auch Kultur- und Forschungseinrichtungen sowie staatliche Unternehmen und religiöse Einrichtungen gehören können (Pelz, ZASA 2024, 579, 581); sie gilt also nicht bei Verboten von Transaktionen mit gelisteten Privatpersonen (RefE, S. 24; s. Pelz, ZASA 2024, 579, 580 f., der die Norm im Falle von Vermietungen als eine „privilegierende lex specialis“ versteht).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f AWG-E dient wie Buchst. e der Umsetzung von Art. 3(1)(d) Richtlinie Sanktionsstrafrecht (RefE, S. 24) und pönalisiert die verbotene öffentliche Auftrags- und Konzessionsvergabe an Drittstaaten und diesen gleichgestellte Stellen. Die Vorschrift soll eine Sonderregelung gegenüber den warenbezogenen Tatbeständen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG-E sein, soweit es um die Vergabe öffentlicher Kaufverträge geht (Pelz, ZASA 2024, 579, 581; zur fehlenden Bewehrung von fahrlässigem Handeln s. bei 3.).

Die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g AWG-E vorgesehene Strafbewehrung von Investitionsverboten ist bislang teilweise in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG geregelt und wird aus systematischen Gründen neu verortet, so dass sich Buchst. a nunmehr auf Ein- und Ausfuhrverbote konzentriert (RefE, S. 22). Da die neue Vorschrift für sämtliche Investitionsverbote gilt, werden die bisherigen Ordnungswidrigkeitentatbestände gestrichen (RefE, S. 22). Die Strafbewehrung gehe über die Vorgaben der Richtlinie Sanktionsstrafrecht hinaus, da Investitionsverbote nicht im Katalog von Art. 3(1) enthalten seien (RefE, S. 24). Verlangt werde von der Richtlinie aber eine Pönalisierung von verbotenen investitionsbezogenen Dienstleistungen, deren Unrechtsgehalt mit verbotenen Investitionen vergleichbar sei (RefE, S. 24).

b) Verstöße gegen Finanzsanktionen (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h, Nr. 2 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h AWG-E enthält eine Strafbewehrung des Bereitstellungsverbots, die bisher in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG verortet war. Sanktionssystematisch sei das Bereitstellungsverbot aber den Individualsanktionen (den sog. Listungen) zuzuordnen (RefE, S. 24). Die Regelung setzt Art. 3(1)(a) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um.

§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E setzt Art. 3(1)(b) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um, der eine Pönalisierung des versäumten „Einfrierens“ von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen von gelisteten Personen verlangt. Der Tatbestand greift auf die Definition des „Einfrierens“ in Art. 2(5) Richtlinie Sanktionsstrafrecht zurück und bewehrt eine Verletzung der Pflicht, zu verhindern, dass Gelder und wirtschaftliche Ressourcen gelisteter Personen verwendet werden. Diese Umformulierung des bislang in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AWG enthaltenen Verfügungsverbots sei lediglich eine redaktionelle Klarstellung, ohne den Tatbestand substantiell zu verändern (RefE, S. 23). Anders als der strafrechtliche Sprachgebrauch nahelegt, bedarf das „Einfrieren“ keiner Verwaltungshandlung (RefE, S. 26), sondern meint die von Gesetzes wegen bestehende Pflicht, den Zugriff gelisteter Personen auf Gelder zu verhindern. Die Begründung (RefE, S. 25) stellt zudem klar, dass Jedermann Normadressat sein könne und die Strafandrohung auch die gelistete Person selbst treffe (zu dieser im Referentenentwurf aus der letzten Legislaturperiode noch offengelassenen Frage s. Pelz, ZASA 2024, 579, 580).

c) Verstöße gegen Umgehungsverbote (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E pönalisiert die Verfügung über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen (Buchst. a) sowie falsche oder irreführende Informationen (Buchst. b), wenn damit die Gelder bzw. wirtschaftlichen Ressourcen oder deren Eigentümer oder Begünstigte verschleiert werden sollen. Die Regelung setze die in Art. 3(1)(h)(i)(ii) Richtlinie Sanktionsstrafrecht genannte Konkretisierung des in sämtlichen EU‑Sanktionsverordnungen enthaltenen allgemeinen Umgehungsverbots um (RefE, S. 26). Das „generische sanktionsrechtliche Umgehungsverbot“ sei für eine Strafbewehrung zu unbestimmt. Die beiden Tatbestandsvarianten konkretisierten das Umgehungsverbots aber so, dass dieses einer Kriminalisierung zugänglich werde (RefE, S. 26; zu dem „schillernden und konturlosen Begriff der Umgehung“ s. Pelz, ZASA 2024, 579, 582). Dabei soll Buchst. a (Verfügung, um Gelder oder Ressourcen zu verschleiern) Verschleierungskonstellationen erfassen, die nicht bereits als Verstoß gegen das „Einfrieren“ (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E) mit Strafe bedroht seien. Das sei bei wirtschaftlichen Ressourcen denkbar, bei denen das Einfriergebot (anders als bei Geldern) nicht jegliche Verwendung verbiete. Mit § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AWG-E werde nun jede Verwendung strafbar, soweit sie mit Verschleierungsabsicht durchgeführt werde (RefE, S. 24 f.; kritisch dazu Pelz, ZASA 2024, 579, 582).

Buchst. b erfasst Konstellationen, in denen jemand falsche oder irreführende Informationen, einschließlich unvollständiger Informationen, verbreitet, um den eigentlichen Eigentümer oder Begünstigten von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen zu verschleiern (RefE, S. 25). Während die Begründung mit Art. 3(1)(h)(ii) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vom „eigentlichen Eigentümer“ spricht (der dem wirtschaftlich Berechtigten des § 3 Abs. 1 GwG ähneln dürfte), nennt der Tatbestand nur den „Eigentümer“. Gegenüber wem die falschen oder irreführenden Informationen bereitgestellt werden und ob die intendierte Verschleierung gelingt, ist unerheblich. Die Begründung hebt hervor, dass die Strafbewehrung von (schriftlichen) Lügen über die Eigentümer- oder Besitzereigenschaft von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen als Vergehenstatbestand mit einer erhöhten Mindeststrafe eine im gesamten Nebenstrafrecht außergewöhnlich hohe Sanktion darstelle und es „daher an dieser Stelle unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich [sei], den Straftatbestand so eng wie unionsrechtlich möglich zu fassen“ (RefE, S. 26; zur Versuchsstrafbarkeit s. bei 4.; zu den weiteren Verschleierungstatbeständen des Art. 3[1][h][iii][iv] Richtlinie Sanktionsstrafrecht s. bei e).

d) Verstöße gegen Genehmigungspflichten (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 4 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 4 AWG-E bedroht den Verstoß gegen Genehmigungspflichten mit Strafe. Die bisher in § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG enthaltene Regelung wird dabei den Änderungen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG-E entsprechend angepasst (RefE, S. 27; Folgeänderung in Art. 1 Nr. 3 Buchst. j, § 18 Abs. 9 AWG-E).

e) Verstöße gegen Meldepflichten (Art. 1 Nr. 3 Buchst. e; § 18 Abs. 5a AWG-E)

Die Regelung setzt die (weiteren) Umgehungstatbestände in Art. 3(1)(h)(iii)(iv) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um (RefE, S. 27). Der neue Tatbestand bewehrt in seiner Nr. 1 die Pflicht von gelisteten Personen zur Meldung ihrer Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen. Er erstreckt die bisher auf den Verstoß gegen Meldepflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 beschränkte Strafbarkeit auf sämtliche EU‑Meldepflichten von gelisteten Personen (RefE, S. 27; zu den ergänzenden nationalen Meldepflichten s. § 10 SanktDG; Busch, wistra 2022, Register S. 67, 71).

Die Nr. 2 gilt für Verstöße gegen die Pflicht, Informationen zur Umsetzung einer Sanktionsmaßnahme (insbesondere Informationen über mögliche Sanktionsverstöße) an die zuständigen Stellen zu melden, die jedermann trifft, sofern Informationen in Ausübung einer Berufspflicht erlangt werden und einzufrierende Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen betreffen (RefE, S. 27) Die bisherige Bußgeldbewehrung von Meldepflichtverstößen (§ 19 Abs. 5 AWG), die keinen einschränkenden Berufspflichtenbezug vorsieht, stehe zukünftig „aufgrund von Spezialität in Gesetzeskonkurrenz zu § 19 Abs. 5 Nummer 1 AWG“ und könne daher unverändert fortgelten (RefE, S. 27). Nicht bestraft werden unter der neuen Nr. 2 rechtsberatende Berufsgeheimnisträger, soweit ihnen die an sich zu meldende Information in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt wird (§ 18 Abs. 13 AWG-E, RefE, S. 19). Der in § 18 Abs. 13 AWG für den geltenden § 18 Abs. 5a AWG bisher vorgesehene Strafausschließungsgrund der freiwilligen Nachholung einer Meldung entfällt, da er mit der Richtlinie nicht vereinbar sei (RefE, S. 20).

f) Verstöße gegen Einreiseverbote (Art. 4; § 14 Abs. 3, §§ 95a, 98 Abs. 7, 8 AufenthG-E)

Zur Umsetzung von Art. 3(1)(c) Richtlinie Sanktionsstrafrecht soll es ein neuer § 14 Abs. 3 AufenthG-E verbieten, einem gelisteten Ausländer die Einreise in oder die Durchreise durch das Bundesgebiet zu ermöglichen. Verstöße soll ein neuer § 95a AufenthG-E mit Strafe bewehren. Die einreisende gelistete Person soll selbst nicht Täter der neuen Straftat sein können (RefE, S. 33).

3. Vorsatz und Fahrlässigkeit

Die Straftaten nach § 18 AWG setzen weiterhin grundsätzlich vorsätzliches Handeln voraus. Bei dem Umgehungstatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E ist nach der Begründung Verschleierungsabsicht erforderlich (RefE, S. 26; s. Pelz, ZASA 2024, 579, 583). Eine Ausnahme von der ausschließlichen Vorsatzstrafbarkeit gilt nur für Verstöße gegen Ausfuhrverbote (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, Nr. 4 Buchst. a, b AWG-E), die nach dem neuen § 18 Abs. 8a AWG-E auch bei Leichtfertigkeit strafbar sind – allerdings nur, sofern es sich um Rüstungs- oder Dual-Use-Güter handelt (Art. 1 Nr. 3 Buchst. i; RefE, S. 28). Diese Leichtfertigkeitsstrafbarkeit schreibt Art. 3(3) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vor (RefE, S. 28).

Die fahrlässige Begehungsweise ist in den Fällen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a-e, g, h, Nr. 2, 4 Buchst. a-e, g, h sowie Abs. 3, 4 und 5 AWG-E eine Ordnungswidrigkeit (Art. 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 1 AWG-E). Bei bloßer Fahrlässigkeit nicht bewehrt sind dagegen Meldepflichtverstöße (§ 18 Abs. 5a AWG-E) sowie die verbotene öffentliche Auftragsvergabe an staatliche Stellen (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f, Nr. 4 Buchst. f AWG-E). Eine Ahndung erscheine in Fällen der öffentlichen Auftragsvergabe unangemessen, „da fahrlässige Pflichtverletzungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes ohnehin bereits heute durch eigene Strafbewehrungen belegt“ seien (RefE, S. 29). Bei Meldepflichten könnten durch eine Bußgeldbewehrung auch fahrlässige Verstöße gegen den strafbewehrten Teil der Jedermannspflicht (§ 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E) mit Geldbuße bis zu 500.000 € geahndet werden, was wegen des geringfügigen Unrechts unangemessen erscheine (RefE, S. 29).

4. Versuch (Art. 1 Nr. 3 Buchst. g; § 18 Abs. 6 AWG-E)

Der Versuch soll in den Fällen des § 18 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4, Abs. 1a bis 5 und Abs. 5b AWG-E strafbar sein (§ 18 Abs. 6 AWG-E). Damit ist auch bereits der mit Verschleierungsabsicht vorgenommene Versuch von Vermögensverfügungen oder Falschangaben (Umgehungstatbestand gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E) strafbar, wie dies in Art. 4(2) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vorgegeben ist. Der Versuch der verbotenen Ein- bzw. Durchreiseermöglichung wird ebenfalls strafbar (§ 95a Abs. 2 AufenthG-E).

5. Strafausschluss bei humanitärer Hilfe (Art. 1 Nr. 3 Buchst. k; § 18 Abs. 11 AWG-E) und Wegfall der Schonfrist in Art. 18 Abs. 11 AWG

Im Einklang mit Art. 3(5) Richtlinie Sanktionsstrafrecht sind humanitäre Hilfe für bedürftige Personen und Tätigkeiten zur Unterstützung grundlegender menschlicher Bedürfnisse von der Strafbarkeit ausgeschlossen. Dabei sind die Grundsätze der Unparteilichkeit, Menschlichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit und des humanitären Völkerrechts einzuhalten, so dass „Vermögenstransfers an Terroristen“ auch bei Bedürftigkeit des Empfängers strafbar bleiben (RefE, S. 28; zur abweichenden Version des Referentenentwurfs aus der letzten Legislaturperiode s. Pelz, ZASA 2024, 579, 584).

Die im geltenden § 18 Abs. 11 AWG vorgesehene Schonfrist will der Gesetzentwurf streichen, da sie mit der Richtlinie nicht vereinbar sei (RefE, S. 20). Nach der bisherigen Regelung wird nach § 18 Abs. 1, 6–8, 10 AWG nicht bestraft, wer bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung eines einschlägigen EU‑Rechtsakts folgt, und von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

6. Rechtsfolgen

Taten nach § 18 Abs. 1 AWG-E sind wie bisher mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Verstöße gegen Meldepflichten (§ 18 Abs. 5a AWG-E) werden mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet. Der Leichtfertigkeitstatbestand des neuen § 18 Abs. 8a AWG-E sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Für besonders schwere Fälle von Verstößen gegen Ein- und Ausfuhrverbote (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 4 Buchst. a AWG-E) sieht ein neuer § 18 Abs. 6a AWG-E (Art. 1 Nr. 3 Buchst. d) Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Als Regelbeispiele nennt die Vorschrift in Nr. 1 die Verschleierung von Verstößen durch unvollständige oder unrichtige Angaben gegenüber einer öffentlichen Stelle bezüglich eines Warenvorgangs und in Nr. 2 die Nutzung einer Drittstaat-Gesellschaft, auf die der Täter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausübt (kritisch dazu Pelz, ZASA 2024, 579, 585). Die Verbrechenstatbestände in § 18 Abs. 7, 8 AWG bleiben unverändert.

Nach der Richtlinie Sanktionsstrafrecht wäre es zulässig, die für die Delikte nach Art. 3(1)(a)(b)(d) bis (i) vorgegebenen Mindesthöchststrafen erst ab einem Schwellenwert von 100.000 € anzudrohen. Von dieser Abstufungsmöglichkeit will der RefE aber keinen Gebrauch machen, da sie „dem AWG fremd und nicht umsetzbar“ sei (RefE, S. 20 f.).

Die Verbandsgeldbuße (§ 30 OWiG) soll bei Straftaten nach § 18 Abs. 1 AWG-E und § 95a AufenthG-E sowie bei Aufsichtspflichtverletzungen (§ 130 OWiG), die zu solchen Straftaten führen, zukünftig nicht 10, sondern 40 Mio. Euro betragen (§ 19 Abs. 7, 8 AWG-E, § 98 Abs. 7, 8 AufenthG-E). Dadurch wird Art. 7(2) Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt, der für Straftaten und Aufsichtspflichtverletzungen gilt (Art. 6[2], Art. 7[2]) und den Mitgliedstaaten die Wahl lässt zwischen einer Festbetragsgeldbuße von im Höchstmaß mindestens 40 bzw. 8 Mio. Euro und einer umsatzbezogenen Geldbuße von 5 % bzw. 1 %. Der geringere Mindesthöchstbetrag bzw. Mindesthöchstbruchteil von 8 Mio. Euro bzw. 1 % gilt nur für die Umgehungstatbestände (Art. 3[1][h][iii][iv] Richtlinie Sanktionsrecht), die durch die Meldepflichtverstöße des § 18 Abs. 5a AWG-E umgesetzt werden; für alle übrigen Tatbestände ist der höhere Betrag bzw. Bruchteil von 40 Mio. Euro bzw. 5 % vorzusehen. Der RefE optiert für die Festbetragsvariante und kann damit bei den Meldepflichtverstößen die geltende Verbandsgeldbuße von 10 Mio. Euro (§ 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 OWiG bzw. – für Aufsichtspflichtverletzungen – § 30 Abs. 2 S. 2, 3, § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG) unverändert lassen, da dieser Höchstbetrag das Mindesthöchstmaß von 8 Mio. Euro bereits übersteigt (RefE, S. 29). Bei fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzungen soll es bei der Halbierung des Höchstmaßes auf 20 Mio. bzw. 5 Mio. Euro nach § 17 Abs. 2 OWiG bleiben, da die Richtlinie „fahrlässige Verletzungen nicht erfasst und die juristische Person bei einer fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung nicht schlechter stehen sollte als bei einer von der Leitungsperson selbst begangenen fahrlässigen Straftat“ (s. zur Problematik der fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 365; s. auch ErwG 23 Richtlinie Sanktionsstrafrecht).

Unverändert bleibt die Einziehungsvorschrift des § 20 AWG, so dass auch bei den neuen bzw. geänderten AWG-Straftaten und AWG-Ordnungswidrigkeiten Tatmittel und Tatobjekte eingezogen werden können (zur Tatobjekteinziehung von nicht-gemeldeten Vermögensgegenständen s. Busch, wistra 2022, Register S. 72 f.; Wegner in: Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Protokoll-Nr. 20/34, S. 73). Außerdem gehören die vorsätzlichen AWG-Straftaten zu dem Anlasstatenkatalog der selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 4 S. 3 Nr. 5 StGB).

7. Sonstige Regelungen

Ein neuer § 13 Abs. 7 AWG-E (Art. 1 Nr. 2) soll regeln, dass bei der Sanktionsdurchsetzung „einem priorisierenden Ansatz“ gefolgt werden kann, der die Berücksichtigung der Bedeutung des Verstoßes, der Häufigkeit von Verstößen oder des Wertes der betroffenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen ermögliche. Andernfalls träfe Amtsträger im Verwaltungsvollzug ein Verfolgungsdruck, der sogar über den von Staatsanwaltschaften hinausginge, zumal der Straftatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E (Verstöße gegen das „Einfrieren“) weitreichende Handlungspflichten normiere (RefE, S. 22).

Im Zollfahndungsdienstgesetz soll der Gesetzentwurf eine Rechtsgrundlage dafür schaffen, dass das ZKA die behördliche Zuständigkeit für die Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs- und Sanktionsdurchsetzungsbehörden im Zollfahndungsdienstgesetz übernehmen kann (Art. 3; § 3 Abs. 13 ZfDG-E).

Vorsätzliche Straftaten nach § 18 AWG sind Katalogtaten der Telekommunikationsüberwachung (s. § 100a Abs. 2 Nr. 6 StPO). Die Neufassung von § 18 AWG wirkt sich daher mittelbar auch auf den Umfang der entsprechenden Befugnisse aus. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zu dem vorangegangene RegE vorgeschlagen, Taten nach dem neuen § 18 Abs. 5a AWG-E (Verstoß gegen Meldepflichten) und nach dem geltenden § 18 Abs. 5b AWG (Anbieten und Bewerben von Gütern), die beide eine Freiheitsstrafe von (nur) einem Jahr vorsehen, aus dem Katalog des § 100a StPO herauszunehmen (BT-Drucks. 20/13958, S. 31). Die damalige Bundesregierung hielt das Anliegen für berechtigt und wies auf den insoweit ebenfalls betroffenen § 18 Abs. 8a AWG-E hin (BT-Drucks. 20/13958, S. 32.).

 

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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