aus wistra 4/2025
Seit einigen Jahren beschäftigt die Justiz die Aufarbeitung eines der in Medien und Politik sog. größten Steuerskandale in der Geschichte. Es geht um Cum/Ex:
„Hierbei handelte es sich um eine Methode des Aktienhandels, bei der sich die Beteiligten Steuern zurückerstatten ließen, die sie nie gezahlt haben. Trotz der Komplexität des Themas, ist es von gesellschaftlicher Relevanz und Interessen. Denn der durch Cum-Ex-Geschäfte entstandene Schaden für die Staatskasse lässt sich auf ca. zwölf Milliarden Euro beziffern. Die Staatsanwaltschaft in Köln hat für die Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte die Abteilung H zuständig gemacht. Mit 40 Planstellen weist sie eine große Personalstärke auf.“
Im Landtag von NRW wurde nunmehr ein „Anklagestau“ moniert (Drs. 18/12320). Nach Ansicht der Fragesteller wird inzwischen davon ausgegangen, dass von ursprünglich 1.700 Beschuldigten lediglich noch eine niedrige dreistellige Zahl angeklagt wird: Das sorge für ein großes Ungerechtigkeitsgefühl. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Cum/Ex-Profiteure nicht weiter geahndet würden:
„Neben diesem Aspekt hat die merkliche Verzögerung auch negative Auswirkungen auf die Justiz. Zum einen führt der Stillstand in den Cum-Ex-Verfahren zu einem Vertrauensverlust in die Justiz. In diesem Zusammenhang wird von ‚Bankrotterklärung der Justiz‘ oder als „Schande für den Rechtsstaat“ gesprochen. Zudem musste sich die Justiz für die angekündigte Vielzahl von Verfahren und vor allem Beschuldigten entsprechend vorbereiten und aufstellen. So hat beispielsweise das LG Bonn die personellen und räumlichen Kapazitäten stark ausgebaut. Es wurde sogar ein neues Gebäude zur Durchführung von Verfahren errichtet. Am LG Bonn bezeichnet man die Staatsanwaltschaft Köln als unzuverlässig. Dies stellt ein Problem dar.“
Das Ministerium der Justiz merkt in diesem Zusammenhang an (Drs. 18/12538), dass sich die mit der Frage verbundene Annahme – „unter Zugrundelegung der allgemeinsprachlichen Bedeutung des Wortes „stocken“ und unter Berücksichtigung sowohl des Gesamtumfangs als auch der hohen Komplexität der Verfahrensinhalte und den damit einhergehenden Herausforderungen an die Strafverfolgung“ – objektiv nicht aufdränge, zumal in der zweiten Hälfe des Jahres 2024 Kapazitäten sachgerecht auch darauf verwandt wurden, dass nach dem Wechsel in der Leitung der für die Bearbeitung der Cum/Ex-Verfahren zuständigen Hauptabteilung H der Staatsanwaltschaft Köln eine vertiefte Bestandsaufnahme und eine fortzuschreibende Gesamtplanung erfolgten.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin