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Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes

aus wistra 12/2024

Die Bundesregierung hat am 9.10.2024 ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und anderer Rechtsvorschriften beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet (BR-Drucks. 498/24). Die Neuregelungen sollen die EU‑Richtlinie 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union (Richtlinie Sanktionsstrafrecht) umsetzen. Die Frist dafür läuft am 20.5.2025 ab (Art. 20 Richtlinie Sanktionsstrafrecht); an diesem Tag soll das Gesetz in Kraft treten (Art. 6 Abs. 1).

Zur Richtlinie Sanktionsstrafrecht s. Bernardini, EuCLR 2024, 4; Busch, wistra 2023, Register 31, wistra 2024 Heft 3, R11, Heft 7, R8Pelz, ZASA 2024, 579; Wolf/Ackermann, jurisPR-Compl 5/2024 Anm. 5; zu den Russlandsanktionen s. Herrmann/Abel, EuZW 2024, 589.

Der Gesetzentwurf hält an der bisherigen Regelungstechnik fest und arbeitet mit Blankettvorschriften, die die Voraussetzungen der Ahndbarkeit bereits selbst umschreiben und lediglich zur näheren Konkretisierung auf sanktionsrechtliche Ge- und Verbote verweisen. Wesentliche Änderungen sind die Anpassung und Ergänzung der Straftatbestände des § 18 AWG einschließlich einer Strafbewehrung von Umgehungshandlungen und von Verstößen gegen Meldepflichten, die Schaffung eines besonders schweren Falls von Sanktionsverstößen und eines Straftatbestands der Einreiseermöglichung sowie die Anhebung der Verbandsgeldbuße (§ 30 OWiG) für einschlägige Straftaten auf bis zu 40 Mio. Euro.

1. Straftatbestände

Der Regierungsentwurf will § 18 Abs. 1 AWG wie folgt neu fassen:

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, indem er

1. einem dort genannten Verbot

a) des Handels mit Gütern, der Einfuhr, Ausfuhr, Verbringung, Lieferung, Durchfuhr, Weitergabe oder Beförderung von Gütern oder des Verkaufs oder Kaufs von Gütern,

b) der Erbringung technischer Hilfe, eines Vermittlungsdienstes, einer Versicherung oder einer sonstigen Dienstleistung für eine in Buchstabe a genannte Handlung oder dort genannte Güter,

c) der Bereitstellung eines Finanzmittels, einer Finanzhilfe oder eines Krypto-Wallets, der Erbringung eines Ratingdienstes, einer Investitionsdienstleistung, des Wertpapierhandels, des Handels mit Geldmarktinstrumenten oder einer sonstigen Wertpapier- oder Finanzdienstleistung, einer Transaktion mit einer Zentralbank oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer Zentralbank handelt, oder der Ausübung einer sonstigen Finanztätigkeit,

d) der Erbringung einer Rechtsberatung, Public-Relations-Beratung, Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Steuerberatung, Unternehmens- oder Managementberatung, IT-Beratung, eines Vertrauensdienstes, einer Sende‑, Übertragungs‑, Verbreitungs- oder sonstigen Rundfunkdienstleistung‑, einer Architektur- oder Ingenieursdienstleistung oder einer gleichartigen Dienstleistung,

e) des Abschlusses oder der Fortführung eines Miet- oder Pachtvertrags‑, oder einer sonstigen Transaktion mit einem Drittstaat, mit einer Einrichtung eines Drittstaats oder mit einer Organisation oder Einrichtung, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet,

f) der Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession an einen Drittstaat, an eine Einrichtung eines Drittstaats oder an eine Organisation oder Einrichtung, die sich im unmittelbaren oder mittelbaren Eigentum oder unter der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle eines Drittstaats oder einer Einrichtung eines Drittstaats befindet, oder der Fortführung eines solchen Auftrags oder einer solchen Konzession,

g) der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens oder einer sonstigen Investition oder

h) der Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen,

zuwiderhandelt.

2. einer dort genannten Pflicht zur Verhinderung

a) der Bewegung, des Transfers, der Veränderung oder der Verwendung von Geldern,

b) des Zugangs von Geldern,

c) des Einsatzes von Geldern in einer Weise, die

oder

aa) die Höhe, die Belegenheit, das Eigentum, den Besitz, eine Eigenschaft oder die Zweckbestimmung der Gelder verändert, oder

bb) eine Veränderung bewirkt, die eine Nutzung der Gelder ermöglicht,

d) der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Gütern oder Dienstleistungen

zuwiderhandelt.

3. einem dort genannten Verbot der Umgehung einer in Nr. 2 genannten Pflicht zuwiderhandelt, indem er

a) Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in Nr. 2 genannte Pflicht bezieht, verwendet oder an einen Dritten transferiert oder über solche Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen in sonstiger Weise verfügt, um diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen zu verschleiern, oder

b) eine falsche oder irreführende Information zur Verschleierung des Eigentümers oder des Begünstigten von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, auf die sich eine in Nr. 2 genannte Pflicht bezieht, bereitstellt oder ...

Abs. 1 Nr. 4 der Vorschrift bewehrt die schon in Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis h umschriebenen Tathandlungen für den Fall, dass diese gegen Genehmigungspflichten verstoßen. Die Abs. 1a bis 5 bleiben (ebenso wie die Abs. 5b, 6, 7, 8 und 10) unverändert. Abs. 5a soll folgende neue Fassung erhalten:

(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer gegen eine unmittelbar geltende Vorschrift in einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, indem er

1. eine Meldung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, auf die sich eine in Abs. 1 Nr. 2 genannte Pflicht bezieht und die in seinem Eigentum oder Besitz stehen oder von ihm gehalten oder kontrolliert werden, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht oder

2. eine in Ausübung einer Berufspflicht erlangte Information über Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, auf die sich eine in Abs. 1 Nr. 2 genannte Pflicht bezieht, der in dem Rechtsakt genannten zuständigen Verwaltungsbehörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt.

a) Verstöße gegen sektorale Sanktionen (Art. 1 Nr. 3; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis g AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG-E soll Art. 3(1)(e) Richtlinie Sanktionsstrafrecht umsetzen, der eine Strafbewehrung von Verstößen gegen Ein- und Ausfuhrverbote verlangt. Zu den bisher schon in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG geregelten Strafbarkeiten kommt als Auffangtatbestand der Verstoß gegen Handelsverbote hinzu und es wird das Beförderungsverbot ausdrücklich genannt (RegE, S. 15). § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AWG-E bewehrt Verstöße gegen warenbezogene Dienstleistungsverbote (RegE, S. 15) und setzt ebenfalls Art. 3(1)(e) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um.

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AWG-E stellt Verstöße gegen Finanzdienstleistungsverbote unter Strafe und setzt Art. 3(1)(f) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um. Die Einbeziehung sonstiger Finanzdienstleistungen und sonstiger Finanztätigkeiten soll Verstöße gegen sanktionsrechtliche Verbote im Finanzbereich umfassend abdecken (RegE, S. 16). Teilweise waren diese Verstöße bislang nur gem. § 82 AWV mit Geldbuße bewehrt und werden jetzt zu Straftaten hochgestuft (RegE, S. 16; zu den Folgeänderungen in der AWV s. Art. 2).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d AWG-E soll Art. 3(1)(g) der Richtlinie Sanktionsstrafrecht Rechnung tragen, der eine Pönalisierung bei Verstößen gegen sonstige, nicht in Buchst. f genannten Dienstleistungsverbote vorgibt. Aus Transparenzgründen (RegE, S. 16) nennt die Neuregelung einige konkrete Beispiele für sonstige Dienstleistungen wie Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Erfasst sind zudem aber auch alle „gleichartigen Dienstleistungen“. Bei den „Vertrauensdiensten“ soll es sich um Aufsichts- und Organfunktionen gem. Art. 5aa(1a)(1b) der Verordnung (EU) 833/2014 handeln (Pelz, ZASA 2024, 579, 582).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e AWG-E pönalisiert den Verstoß gegen sonstige Transaktionsverbote und nennt ausdrücklich Verstöße gegen Miet- und Pachtverbote. Solche Verbote sind z.B. in Art. 20(1) Verordnung (EU) 833/2014 vorgesehen und bisher nur mit Geldbuße bewehrt (s. § 82 Abs. 12 Nr. 6, 7 AWV, den Art. 2 Nr. 5 aufhebt; RegE, S. 16). Die Vorschrift setzt Art. 3(1)(d) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um (RegE, S. 16). Hintergrund der ausdrücklichen Nennung von Miet- und Pachtverträgen soll der Fall um den Betrieb eines Hostels auf dem Gelände der Botschaft Nordkoreas in Berlin sein (Pelz, ZASA 2024, 579, 581). Die Vorschrift greift nur bei Transaktionen mit Drittstaaten sowie diesen gleichgestellten Einrichtungen und Organisationen (RegE, S. 16), zu denen auch Kultur- und Forschungseinrichtungen sowie staatliche Unternehmen und religiöse Einrichtungen gehören können (Pelz, ZASA 2024, 579, 581); sie gilt also nicht bei Verboten von Transaktionen mit gelisteten Privatpersonen (RegE, S. 16; s. Pelz, ZASA 2024, 579, 580 f., der die Norm im Falle von Vermietungen als eine „privilegierende lex specialis“ versteht).

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f AWG-E dient wie Buchst. e der Umsetzung von Art. 3(1)(d) Richtlinie Sanktionsstrafrecht (RegE, S. 16) und pönalisiert die verbotene öffentliche Auftrags- und Konzessionsvergabe an Drittstaaten und diesen gleichgestellte Stellen. Die Vorschrift soll eine Sonderregelung gegenüber den warenbezogenen Tatbeständen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG-E sein, soweit es um die Vergabe öffentlicher Kaufverträge geht (Pelz, ZASA 2024, 579, 581; zur fehlenden Bewehrung von fahrlässigem Handeln s. bei 2.).

Die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g AWG-E vorgesehene Strafbewehrung von Investitionsverboten ist bislang teilweise in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG geregelt und wird aus systematischen Gründen neu verortet, so dass sich Buchst. a nunmehr auf Ein- und Ausfuhrverbote konzentriert (RegE, S. 16). Da die neue Vorschrift für sämtliche Investitionsverbote gilt, werden die bisherigen Ordnungswidrigkeitentatbestände gestrichen (RegE, S. 16). Die Strafbewehrung gehe über die Vorgaben der Richtlinie Sanktionsstrafrecht hinaus, da Investitionsverbote nicht im Katalog von Art. 3(1) enthalten seien (RegE, S. 17). Verlangt werde von der Richtlinie aber eine Pönalisierung von verbotenen investitionsbezogenen Dienstleistungen, deren Unrechtsgehalt mit verbotenen Investitionen vergleichbar sei (RegE, S. 17).

b) Verstöße gegen Finanzsanktionen (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h, Nr. 2 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h AWG-E enthält eine Strafbewehrung des Bereitstellungsverbots, die bisher in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG verortet war. Sanktionssystematisch sei das Bereitstellungsverbot aber den Individualsanktionen (den sog. Listungen) zuzuordnen (RegE, S. 17). Die Regelung setzt Art. 3(1)(a) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um.

§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E setzt Art. 3(1)(b) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um, der eine Pönalisierung des versäumten „Einfrierens“ von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen von gelisteten Personen verlangt. Der Tatbestand greift auf die Definition des „Einfrierens“ in Art. 2(5) Richtlinie Sanktionsstrafrecht zurück und bewehrt eine Verletzung der Pflicht zu verhindern, dass Gelder und wirtschaftliche Ressourcen gelisteter Personen verwendet werden. Diese Umformulierung des bislang in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AWG enthaltenen Verfügungsverbots stelle lediglich eine redaktionelle Klarstellung dar, ohne den Tatbestand substantiell zu verändern (RegE, S. 17). Anders als der strafrechtliche Sprachgebrauch nahelegt, bedarf das „Einfrieren“ keiner Verwaltungshandlung (RegE, S. 18), sondern meint die von Gesetzes wegen bestehende Pflicht, den Zugriff gelisteter Personen auf Gelder zu verhindern. Die Begründung stellt zudem klar, dass Jedermann Normadressat sein könne und die Strafandrohung auch die gelistete Person selbst treffe (zu dieser im RefE noch offengelassenen Frage s. Pelz, ZASA 2024, 579, 580).

c) Verstöße gegen Umgehungsverbote (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E pönalisiert die Verfügung über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen (Buchst. a) sowie falsche oder irreführende Informationen (Buchst. b), wenn damit die Gelder bzw. wirtschaftlichen Ressourcen oder deren Eigentümer oder Begünstigte verschleiert werden sollen. Die Regelung setze die in Art. 3(1)(h)(i)(ii) Richtlinie Sanktionsstrafrecht genannte Konkretisierungen des in sämtlichen EU-Sanktionsverordnungen enthaltenen allgemeinen Umgehungsverbots um (RegE, S. 18). Das „generische sanktionsrechtliche Umgehungsverbot“ sei für eine Strafbewehrung zu unbestimmt. Die beiden Tatbestandsvarianten konkretisierten das Umgehungsverbots aber so, dass dieses einer Kriminalisierung zugänglich werde (RegE, S. 18; zu dem „schillernden und konturlosen Begriff der Umgehung“ s. Pelz, ZASA 2024, S. 579, 582). Dabei soll Buchst. a (Verfügung, um Gelder oder Ressourcen zu verschleiern) Verschleierungskonstellationen erfassen, die nicht bereits als Verstoß gegen das „Einfrieren“ (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E) mit Strafe bedroht seien. Das sei bei wirtschaftlichen Ressourcen denkbar, bei denen das Einfriergebot (anders als bei Geldern) nicht jegliche Verwendung verbiete. Mit § 18 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AWG-E werde nun jede Verwendung strafbar, soweit sie mit Verschleierungsabsicht durchgeführt werde (RegE, S. 18 f.; kritisch dazu Pelz, ZASA 2024, S. 579, 582).

Buchst. b erfasst Konstellationen, in denen jemand falsche oder irreführende Informationen, einschließlich unvollständiger Informationen, verbreitet, um den eigentlichen Eigentümer oder Begünstigten von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen zu verschleiern (RegE, S. 19). Während die Begründung mit Art. 3(1)(h)(ii) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vom „eigentlichen Eigentümer“ spricht (der dem wirtschaftlich Berechtigten des § 3 Abs. 1 GwG ähneln dürfte), nennt der Tatbestand nur den „Eigentümer“. Gegenüber wem die falschen oder irreführenden Informationen bereitgestellt werden und ob die intendierte Verschleierung gelingt, ist unerheblich. Die Begründung hebt hervor, dass die Strafbewehrung von (schriftlichen) Lügen über die Eigentümer- oder Besitzereigenschaft von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen als Vergehenstatbestand mit einer erhöhten Mindeststrafe eine im gesamten Nebenstrafrecht außergewöhnlich hohe Sanktion darstelle und es „daher an dieser Stelle unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich [sei], den Straftatbestand so eng wie unionsrechtlich möglich zu fassen“ (RegE, S. 19; zur Versuchsstrafbarkeit s. bei 3.; zu den weiteren Verschleierungstatbeständen des Art. 3[1][h][iii][iv] Richtlinie Sanktionsstrafrecht s. bei e).

d) Verstöße gegen Genehmigungspflichten (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a; § 18 Abs. 1 Nr. 4 AWG-E)

§ 18 Abs. 1 Nr. 4 AWG-E bedroht den Verstoß gegen Genehmigungspflichten mit Strafe. Die bisher in § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG enthaltene Regelung wird dabei den Änderungen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG-E entsprechend angepasst (RegE, S. 19; Folgeänderung in Art. 1 Nr. 3 Buchst. f, § 18 Abs. 9 AWG-E).

e) Verstöße gegen Meldepflichten (Art. 1 Nr. 3 Buchst. b; § 18 Abs. 5a AWG-E)

Die Regelung setzt die (weiteren) Umgehungstatbestände in Art. 3(1)(h)(iii)(iv) Richtlinie Sanktionsstrafrecht um (RegE, S. 19). Der neue Tatbestand bewehrt in seiner Nr. 1 die Pflicht von gelisteten Personen zur Meldung ihrer Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen. Er erstreckt die bisher auf den Verstoß gegen Meldepflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 beschränkte Strafbarkeit auf sämtliche EU-Meldepflichten von gelisteten Personen (RegE, S. 19; zu den ergänzenden nationalen Meldepflichten s. § 10 SanktDG; Busch, wistra 2022, Register 67, 71).

Die Nr. 2 gilt für Verstöße gegen die Pflicht, Informationen zur Umsetzung einer Sanktionsmaßnahme (insbesondere Informationen über mögliche Sanktionsverstöße) an die zuständigen Stellen zu melden, die jedermann trifft, sofern Informationen in Ausübung einer Berufspflicht erlangt werden und einzufrierende Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen betreffen (RegE, S. 19). Die bisherige Bußgeldbewehrung von Meldepflichtverstößen (§ 19 Abs. 5 AWG), die keinen einschränkenden Berufspflichtenbezug vorsieht, stehe zukünftig „aufgrund von Spezialität in Gesetzeskonkurrenz zu § 19 Absatz 5 Nummer 1 AWG“ und könne daher unverändert fortgelten (RegE, S. 19). Nicht bestraft werden unter der neuen Nr. 2 rechtsberatende Berufsgeheimnisträger, soweit ihnen die an sich zu meldende Information in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt wird (§ 18 Abs. 13 AWG-E, RegE, S. 20). Der in § 18 Abs. 13 AWG für den geltenden § 18 Abs. 5a AWG bisher vorgesehene Strafausschließungsgrund der freiwilligen Nachholung einer Meldung entfällt, da er mit der Richtlinie nicht vereinbar sei (RegE, S. 21).

f) Verstöße gegen Einreiseverbote (Art. 4; § 14 Abs. 3, §§ 95a, 98 Abs. 7, 8 AufenthG-E)

Zur Umsetzung von Art. 3(1)(c) Richtlinie Sanktionsstrafrecht soll es ein neuer § 14 Abs. 3 AufenthG-E verbieten, einem gelisteten Ausländer die Einreise in oder die Durchreise durch das Bundesgebiet zu ermöglichen. Verstöße soll ein neuer § 95a AufenthG-E mit Strafe bewehren. Die einreisende gelistete Person soll selbst nicht Täter der neuen Straftat sein können (RegE, S. 25).

2. Vorsatz und Fahrlässigkeit

Die Straftaten nach § 18 AWG setzen weiterhin grundsätzlich vorsätzliches Handeln voraus. Bei dem Umgehungstatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E ist nach der Begründung Verschleierungsabsicht erforderlich (RegE, S. 19; s. Pelz, ZASA 2024, 579, 583). Eine Ausnahme von der ausschließlichen Vorsatzstrafbarkeit gilt nur für Verstöße gegen Ausfuhrverbote (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, Nr. 4 Buchst. a, b AWG-E), die nach dem neuen § 18 Abs. 8a AWG-E auch bei Leichtfertigkeit strafbar sind – allerdings nur, sofern es sich um Rüstungs- oder Dual-Use-Güter handelt (Art. 1 Nr. 3 Buchst. e; RegE, S. 20). Diese Leichtfertigkeitsstrafbarkeit schreibt Art. 3(3) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vor (RegE, S. 20).

Die fahrlässige Begehungsweise ist in den Fällen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis e, g, h, Nr. 2, 4 Buchst. a bis e, g, h sowie Abs. 3, 4 und 5 AWG-E eine Ordnungswidrigkeit (Art. 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 1 AWG-E). Bei bloßer Fahrlässigkeit nicht bewehrt sind dagegen Meldepflichtverstöße (§ 18 Abs. 5a AWG-E) sowie die verbotene öffentliche Auftragsvergabe an staatliche Stellen (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f, Nr. 4 Buchst. f AWG-E). Eine Ahndung erscheine in Fällen der öffentlichen Auftragsvergabe unangemessen, „da fahrlässige Pflichtverletzungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes ohnehin bereits heute durch eigene Strafbewehrungen belegt“ seien (RegE, S. 21). Bei Meldepflichten könnten durch eine Bußgeldbewehrung auch fahrlässige Verstöße gegen den strafbewehrten Teil der Jedermannspflicht (§ 18 Abs. 5a Nr. 2 AWG-E) mit Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden, was wegen des geringfügigen Unrechts unangemessen erscheine (RegE, S. 21).

3. Versuch (Art. 1 Nr. 3 Buchst. c; § 18 Abs. 6 AWG-E)

Der Versuch soll in den Fällen des § 18 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4, Abs. 1a bis 5 und Abs. 5b AWG-E strafbar sein (§ 18 Abs. 6 AWG-E). Damit ist auch bereits der mit Verschleierungsabsicht vorgenommene Versuch von Vermögensverfügungen oder Falschangaben (Umgehungstatbestand gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 AWG-E) strafbar, wie dies in Art. 4(2) Richtlinie Sanktionsstrafrecht vorgegeben ist. Der Versuch der verbotenen Ein- bzw. Durchreiseermöglichung wird ebenfalls strafbar (§ 95a Abs. 2 AufenthG-E).

4. Strafausschluss bei humanitärer Hilfe (Art. 1 Nr. 3 Buchst. g; § 18 Abs. 11 AWG-E) und Wegfall der Schonfrist (Art. 18 Abs. 11 AWG)

Im Einklang mit Art. 3(5) Richtlinie Sanktionsstrafrecht sind humanitäre Hilfe für bedürftige Personen und Tätigkeiten zur Unterstützung grundlegender menschlicher Bedürfnisse von der Strafbarkeit ausgeschlossen. Dabei sind die Grundsätze der Unparteilichkeit, Menschlichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit und des humanitären Völkerrechts einzuhalten, so dass „Vermögenstransfers an Terroristen“ auch bei Bedürftigkeit des Empfängers strafbar bleiben (RegE, S. 20; zur abweichenden Version des RefE s. Pelz, ZASA 2024, 579, 584).

Die im geltenden § 18 Abs. 11 AWG vorgesehene Schonfrist will der Gesetzentwurf streichen, da sie mit der Richtlinie nicht vereinbar sei (RegE, S. 11). Nach der bisherigen Regelung wird nach § 18 Abs. 1, 6 bis 8, 10 AWG nicht bestraft, wer bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung eines einschlägigen EU-Rechtsakts folgt, und von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

5. Rechtsfolgen

Taten nach § 18 Abs. 1 AWG-E sind wie bisher mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Verstöße gegen Meldepflichten (§ 18 Abs. 5a AWG-E) werden mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet. Der Leichtfertigkeitstatbestand des neuen § 18 Abs. 8a AWG-E sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Für besonders schwere Fälle von Verstößen gegen Ein- und Ausfuhrverbote (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 4 Buchst. a AWG-E) sieht ein neuer § 18 Abs. 6a AWG-E (Art. 1 Nr. 3 Buchst. d) Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Als Regelbeispiele nennt die Vorschrift in Nr. 1 die Verschleierung von Verstößen durch unvollständige oder unrichtige Angaben gegenüber einer öffentlichen Stelle bezüglich eines Warenvorgangs und in Nr. 2 die Nutzung einer Drittstaat-Gesellschaft, auf die der Täter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausübt (kritisch dazu Pelz, ZASA 2024, 579, 585). Die Verbrechenstatbestände in § 18 Abs. 7, 8 AWG bleiben unverändert.

Nach der Richtlinie Sanktionsstrafrecht wäre es zulässig, die für die Delikte nach Art. 3(1)(a)(b)(d) bis (i) vorgegebenen Mindesthöchststrafen erst ab einem Schwellenwert von 100.000 Euro anzudrohen. Von dieser Abstufungsmöglichkeit will der RegE aber keinen Gebrauch machen, da sie „dem AWG fremd und nicht umsetzbar“ sei (RegE, S. 10 f.).

Die Verbandsgeldbuße (§ 30 OWiG) soll bei Straftaten nach § 18 Abs. 1 AWG-E und § 95a AufenthG-E sowie bei Aufsichtspflichtverletzungen (§ 130 OWiG), die zu solchen Straftaten führen, zukünftig nicht 10, sondern 40 Mio. Euro betragen (§ 19 Abs. 7, 8 AWG-E, § 98 Abs. 7, 8 AufenthG-E). Dadurch wird Art. 7(2) Richtlinie Sanktionsstrafrecht umgesetzt, der für Straftaten und Aufsichtspflichtverletzungen gilt (Art. 6[2], 7[2]) und den Mitgliedstaaten die Wahl lässt zwischen einer Festbetragsgeldbuße von im Höchstmaß mindestens 40 bzw. 8 Mio. Euro und einer umsatzbezogenen Geldbuße von 5 % bzw. 1 %. Der geringere Mindesthöchstbetrag bzw. Mindesthöchstbruchteil von 8 Mio. Euro bzw. 1 % gilt nur für die Umgehungstatbestände (Art. 3[1][h][iii)[iv] Richtlinie Sanktionsrecht), die durch die Meldepflichtverstöße des § 18 Abs. 5a AWG-E umgesetzt werden; für alle übrigen Tatbestände ist der höhere Betrag bzw. Bruchteil von 40 Mio. bzw. 5 % vorzusehen. Der RegE optiert für die Festbetragsvariante und kann damit bei den Meldepflichtverstößen die geltende Verbandsgeldbuße von 10 Mio. Euro (§ 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 OWiG bzw. – für Aufsichtspflichtverletzungen – § 30 Abs. 2 S. 2, 3, § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG) unverändert lassen, da dieser Höchstbetrag das Mindesthöchstmaß von 8 Mio. Euro bereits übersteigt (RegE, S. 21). Bei fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzungen soll es bei der Halbierung des Höchstmaßes auf 20 Mio. bzw. 5 Mio. Euro nach § 17 Abs. 2 OWiG bleiben, da die Richtlinie „fahrlässige Verletzungen nicht erfasst und die juristische Person bei einer fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung nicht schlechter stehen sollte als bei einer von der Leitungsperson selbst begangenen fahrlässigen Straftat“ (s. zur Problematik der fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 365).

Unverändert bleibt die Einziehungsvorschrift des § 20 AWG, so dass auch bei den neuen bzw. geänderten AWG-Straftaten und AWG-Ordnungswidrigkeiten Tatmittel und Tatobjekte eingezogen werden können (zur Tatobjekteinziehung von nicht-gemeldeten Vermögensgegenständen s. Busch, wistra 2022, Register 72 f.; Wegner in Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Protokoll-Nr. 20/34, S. 73). Außerdem gehören die vorsätzlichen AWG-Straftaten zu dem Anlasstatenkatalog der selbständigen Einziehung (§ 76a Abs. 4 S. 3 Nr. 5 StGB).

6. Sonstige Regelungen

Ein neuer § 13 Abs. 7 AWG-E (Art. 1 Nr. 1) soll regeln, dass bei der Sanktionsdurchsetzung „einem priorisierenden Ansatz“ gefolgt werden kann, der die Berücksichtigung der Bedeutung des Verstoßes, der Häufigkeit von Verstößen oder des Wertes der betroffenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen ermögliche. Andernfalls träfe Amtsträger im Verwaltungsvollzug ein Verfolgungsdruck, der sogar über den von Staatsanwaltschaften hinausginge, zumal der Straftatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG-E (Verstöße gegen das „Einfrieren“) weitreichende Handlungspflichten normiere (RegE, S. 15).

Im Zollfahndungsdienstgesetz soll der Gesetzentwurf eine Rechtsgrundlage dafür schaffen, dass das ZKA die behördliche Zuständigkeit für die Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs- und Sanktionsdurchsetzungsbehörden im Zollfahndungsdienstgesetz übernehmen kann (Art. 3; § 3 Abs. 13 ZfDG).

Das BKartA soll zukünftig als zuständige innerstaatliche Stelle die Europäische Kommission bei ihren sanktionsrechtlichen Nachprüfungen auf ihre Ersuchen hin unterstützen bzw. Amtshilfe zur Durchsetzung der Nachprüfung leisten (Art. 5; § 58 GWB-E). Diese Regelung soll bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten (Art. 6 Abs. 2).

Vorsätzliche Straftaten nach § 18 AWG sind Katalogtaten der Telekommunikationsüberwachung (s. § 100a Abs. 2 Nr. 6 StPO). Die Neufassung von § 18 AWG wirkt sich daher mittelbar auch auf den Umfang der entsprechenden Befugnisse aus. Der Bundesrat schlägt in seiner Stellungnahme vor, Taten nach dem neuen § 18 Abs. 5a AWG-E (Verstoß gegen Meldepflichten) und nach dem geltenden § 18 Abs. 5b AWG (Anbieten und Bewerben von Gütern), die beide eine Freiheitsstrafe von (nur) einem Jahr vorsehen, aus dem Katalog des § 100a StPO herauszunehmen (BR-Drucks. 498/24 [Beschluss]).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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