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Optimierung der Vermögensabschöpfung

aus wistra 11/2024

Die JuMiKo hat bei ihrer Frühjahrstagung im Juni 2024 den Abschlussbericht der von ihr ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe zur „Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung“ erörtert und in einem Beschluss dazu bekräftigt, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen. Sie sieht wie die Arbeitsgruppe dringenden gesetzgeberischen Optimierungsbedarf und bittet das BMJ, die Empfehlungen des Berichts unverzüglich zu prüfen und ggf. schnellstmöglich umzusetzen. Über den Fortgang solle das BMJ bereits bei der JuMiKo-Herbstkonferenz 2024 berichten. Ihren Strafrechtsauschuss bittet die JuMiKo, die Arbeitsgruppe fortzuführen, um etwaige „weitere Optimierungsbedarfe“ kontinuierlich zusammenzutragen – insbesondere auch im Hinblick auf die Umsetzung der EU‑Richtlinie über Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten (zur Richtlinie s. Busch, wistra 2024, Heft 2, R9; wistra 2024 Heft 7, R8).

Bereits im Mai 2024 hatte der Bericht einer Tagung der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sowie des GBA vorgelegen, die in ihrem Beschluss dazu eine unverzügliche gesetzliche Nachjustierung des Vermögensabschöpfungsrechts als geboten erachten. Die Reform von 2017 habe sich zwar im Grundsatz bewährt. Die Arbeitsgruppe zeige jedoch sehr deutlich gesetzliche Schwächen auf und gebe mit ihren konkreten Gesetzesvorschlägen wichtige Impulse und eine tragfähige Grundlage für erforderliche Änderungen.

Der fast 600 Seiten starke und inzwischen von Bremen im Internet veröffentlichte Bericht wurde unter Federführung von Bremen und Berlin erarbeitet und befasst sich intensiv mit nahezu allen Facetten der Vermögensabschöpfung. Ausgeklammert bleiben lediglich die Einziehung von Tatmitteln, Tatobjekten und Tatprodukten (§§ 74, 75 StGB), das Ordnungswidrigkeitenrecht (§§ 29a, 30, 130 OWiG) und die statistische Erfassung der Vermögensabschöpfung (S. 10). Ziel sei zudem alleine eine „Nachjustierung“ gewesen. Was sich nur durch eine vollständige Änderung des gegenwärtigen Ansatzes lösen lasse, gehe darüber hinaus und hätte von der Arbeitsgruppe nicht angemessen bearbeitet werden können (S. 10 f.). Dies gelte für die Frage einer „Beweislastumkehr“, die Abschöpfung virtueller Werte sowie für die Abgrenzung zwischen Taterträgen und Tatmitteln, Tatprodukten und Tatobjekten sowie Beschlagnahme und Vermögensarrest.

Der Bericht, an dem fast 100 Fachleute mitgearbeitet haben, legt in neun Kapiteln ausformulierte Änderungsvorschläge vor. Eine sehr hilfreiche Bestandsrechtssynopse ist als Anlage beigefügt (S. 502 ff.). Kapitel 10 fasst die Ergebnisse zusammen (S. 494 ff.). Die Änderungen betreffen: §§ 7a, 73–74, 76–76b, 78c StGB; §§ 111b-111i, 111k-111p, 111r, 267, 304, 310, 331, 358, 373, 406i, 411, 421, 425, 429, 433, 435–437, 459b, 459g-459i, 459m-460, 462, 477, 479 StPO; § 19 EGStPO; §§ 6a, 31, 74, 83, 84, 85a, 89d JGG; § 31 RPflG, § 60 StrVollstrO; §302 InsO; § 1960 BGB, § 52 ZVG; § 1 BerHG; Nr. 74, 75, 76a RiStBV.

Neben rechtlichen Problemen gebe es bei der Vermögensabschöpfung aber auch Probleme in der Organisation und behördlichen Umsetzung (S. 500). Der Bericht empfiehlt eine Anerkennung der Vermögensabschöpfung als gleichwertige Aufgabe der Strafjustiz, auskömmliches Personal, Aus- und Fortbildung (insbesondere in Jugendsachen) sowie ein übergeordnetes Fachgremium für Vermögensabschöpfungsfragen (S. 489 ff.).

Im Folgenden sollen die wichtigsten Änderungen mit einem Schwerpunkt auf dem materiellen Recht vorgestellt werden.


1. Allgemeiner Vorrang der Tatertrags- vor der Tatobjekteinziehung

Die Arbeitsgruppe will den Vorrang der Tatertragseinziehung vor der Tatobjekteinziehung, der bereits heute in der Sondervorschrift des § 261 Abs. 10 S. 3 StGB geregelt ist, in einen neuen § 74 Abs. 4 StGB-E überführen und damit verallgemeinern (S. 15 ff.). Bei § 261 StGB sind die zu „waschenden“ Vermögensgegenstände zwar Tatobjekte, jedoch vorrangig als Tatertrag einzuziehen. Daher lassen sich Zuflüsse auf das Konto eines Finanzagenten auch dann noch per Wertersatz einziehen (§ 73c StGB), wenn die „gewaschenen“ Gelder bestimmungsgemäß wieder abgeflossen sind. Bei anderen Straftatbeständen wie etwa der Terrorismusfinanzierung sowie Verstößen gegen KWG und ZAG bleibe es nach der BGH-Rechtsprechung dagegen bei der Sperrwirkung der Tatobjekteinziehung, was differenzierte Lösungen unmöglich mache (S. 16). So seien Spenden für terroristische Vereinigungen, die als Buchgeld auf Konten von Privatpersonen eingingen, grundsätzlich nicht originär vorhanden und könnten damit allenfalls im Wege einer Wertersatzeinziehung abgeschöpft werden (S. 17), die bei Tatobjekten voraussetzt, dass die originäre Einziehung durch eine Vereitelungshandlung unmöglich gemacht wurde (§ 74c StGB), woran es bei weitergeleiteten Spenden fehle (S. 17). Unverhältnismäßige Einziehungen könne der BGH durch die („bisher recht streng gehandhabte“) Fallgruppe des bloß „transitorischen Besitzes“ vermeiden (S. 20).


2. Abgrenzung zwischen Tatertrag, Tatlohn und Tatmittel; Verschiebung auf Tatbeteiligte

Bei § 73 StGB bereite die Unterscheidung zwischen Tatertrag („durch die Tat“) und Tatlohn („für die Tat“) in der Praxis Schwierigkeiten, sei aber rechtlich relevant, da nur bei Tatertrag eine gesamtschuldnerische Haftung bestehe und die Einziehung ausscheide, wenn Verletzte entschädigt würden (§ 73e Abs. 1 StGB; S. 26 ff.). Die vorgeschlagene Neuregelung zum Tatlohn (Abs. 2 S. 1) folge dem Prinzip „Tatbeute bleibt Tatbeute, auch wenn sie als ‚Lohn‘ weitergegeben wird“ (S. 33). Für die Tatlohneinziehung nach Abs. 2 S. 1 bleiben also nur die Fälle übrig, in denen die Gegenleistung für den Tatbeitrag nicht bereits durch die Tat erlangt wurde (S. 33 f.).

Auch die Unterscheidung zwischen Tatlohn und Tatmittel erweise sich in der Praxis als herausfordernd (S. 21 ff.). Tatmittel unterliegen einer Ermessenseinziehung und eine Wertersatzeinziehung ist bei ihnen nur eingeschränkt möglich (§ 74c Abs. 1 StGB). Daher müsse etwa bei einem Drogenkurier die in der Praxis schwierige Feststellung getroffen werden, inwieweit er Zahlungen als Tatmittel erhalten habe (etwa zur Anmietung eines Fahrzeugs) und inwieweit es sich um seine Vergütung (also Tatlohn) handele. Zur Lösung der Tatlohn-/Tatmittel-Problematik hält die Arbeitsgruppe eine vollständige Umgestaltung der §§ 73 ff., 74 ff. StGB erforderlich, die über ihren Nachjustierungsauftrag hinausgehe (S. 21).

Probleme gebe es auch bei der Verschiebung von Tatertrag auf einen Täter oder Teilnehmer (S. 22 ff.). Fließe der Tatertrag beispielsweise zunächst einer juristischen Person zu, die ihn dann an den Täter weiterreiche, so sei eine Einziehung nach der Rechtsprechung möglich, wenn ein Rechtsgrund für die Zahlung an den Täter fehle. Dies sei enger als bei der Dritteinziehung (§ 73b StGB), die bei Fahrlässigkeit des Dritten eine Einziehung trotz vorhandenem Rechtsgrund zulasse. Da § 73b StGB aber nur für Dritte gelte und nicht für den auf Umwegen begünstigten Täter, entstehe ein Wertungswiderspruch, zumal auch auf den Täter verschobene ersparte Aufwendungen nicht abschöpfbar seien (S. 28). Als Lösung wird das neue Merkmal „anderer“ (§ 73 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 StGB-E) vorgeschlagen, das sowohl Tatbeteiligte als auch tatunbeteiligte Dritte abdecke. Die Verschiebung von Wertersatz (einschließlich von ersparten Aufwendungen) von einem „anderen“ auf den Täter soll § 73 Abs. 3 StGB regeln, der § 73b Abs. 2 StGB nachgebildet ist, ohne aber Unentgeltlichkeit, fehlenden Rechtsgrund oder fahrlässige Unkenntnis von der Herkunft zu verlangen (S. 35). Wie bei § 73b Abs. 2 StGB soll die Einziehung voraussetzen, dass das an den Täter verschobene Etwas dem Wert des Erlangten entspricht. Allerdings soll auch bei Fehlen einer solchen Entsprechung eine Einziehung möglich bleiben (dann ggf. beschränkt auf den Wert des von dem Dritten Erlangten, s. Vorschlag für § 73c Abs. 3 StGB, S. 46; s. auch bei 6.), was die einschränkende Funktion des Entsprechens-Merkmals unterlaufen und z.B. bei tatbeteiligten Unternehmensmitarbeitern sehr weitreichende Abschöpfungen zulassen könnte (kritisch zum Entsprechens-Merkmal auch Fleckenstein, wistra 2018, 444). Ob der an den Täter verschobene Wertersatz als Taterlangtes oder Tatlohn einzuziehen sei, hänge davon ab, ob es sich um einen zusätzlich abzuschöpfenden inkriminierten Vermögenswert handele oder lediglich das bereits durch die Tat Erlangte aufgeteilt werde, was im Einzelfall zu entscheiden sei (S. 35) und damit Abgrenzungsprobleme schaffen könnte, die die Neuregelung gerade ausräumen sollte.


§ 73 StGB-E Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer etwas erlangt (Taterlangtes), so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. Erlangt ein Täter oder Teilnehmer etwas, das zuvor ein anderer durch die Tat erlangt hat, so ordnet das Gericht auch dessen Einziehung nach Satz 1 an.

(2) Scheidet eine Einziehung nach Abs. 1 aus und hat ein Täter oder Teilnehmer etwas für eine rechtswidrige Tat erlangt (Tatlohn), ordnet das Gericht auch dessen Einziehung an. Erlangt ein Täter oder Teilnehmer etwas, das zuvor ein anderer für die Tat erlangt hat, so ordnet das Gericht auch dessen Einziehung nach Satz 1 an.

(3) Hat ein Täter oder Teilnehmer etwas von einem anderen erlangt, das dem Wert des von diesem durch oder für die Tat Erlangten entspricht, so ordnet das Gericht auch dessen Einziehung als Taterlangtes oder als Tatlohn an. [zu Abs. 4 s. sogleich bei 3.]

Folgeänderungen bei §§ 73d (S. 49 ff.; s. auch unten 6.), 73e StGB (s. unten 7.), § 495h StPO (S. 37 ff.).


3. Einziehung von Folge-Surrogaten, Nutzungen aus Surrogaten und Surrogaten von Nutzungen

Der Bericht (S. 41 ff.) schlägt vor, dass die Einziehung nach § 73 StGB nicht nur beim ersten, sondern auch bei allen Folgesurrogaten sowie bei Nutzungen aus Surrogaten und Folgesurrogaten möglich sein soll. Surrogate von Nutzungen will die Neuregelung ebenfalls einziehen. Diese Ausweitung sei europarechtlich geboten und erforderlich, damit sich Straftaten nicht etwa infolge von Investitionen in Surrogate (wie z.B. Immobilien) „doch noch lohnen“, wozu es ansonsten insbesondere bei „Clan-Kriminalität“ kommen könne. Die Kausalkette zwischen erstem und Folgesurrogat müsse jeweils nachgewiesen werden (S. 43). Der bisherige § 73 Abs. 3 StGB soll in geänderter Fassung zu einem neuen Abs. 4 werden und es soll ein neuer Abs. 5 hinzugefügt werden:

(4) Hat der Täter oder Teilnehmer etwas

1. durch Veräußerung des Taterlangten oder Tatlohnes (Erlangten),

2. als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder

3. auf Grund eines erlangten Rechts

erworben (Surrogat), so kann das Gericht auch dessen Einziehung anordnen. Für Surrogate gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Taterlangten, dem Tatlohn oder einem Surrogat gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an. Abs. 4 gilt für gezogene Nutzungen entsprechend.

Folgeänderung bei § 73c Abs. 3 StGB-E (S. 45 ff.; s. auch unten 6.) und § 73d StGB-E (S. 49 ff.; s. auch unten 7.).


4. Erweiterte Einziehung

Der Bericht (S. 52 ff.) schlägt vor, dass gem. § 73a StGB zukünftig nicht nur „Gegenstände“ eingezogen werden können, sondern jedes aus der Erwerbstat erlangte „Etwas“, was auch ersparte Aufwendungen erfassen würde. Könne z.B. nur wegen einiger weniger Taten  des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) verurteilt werden, stehe aber fest, dass der Täter Beiträge in großem Stil hinterzogen habe, so sollten auch die dadurch ersparten Aufwendungen abgeschöpft werden. Weil sie gegenständlich nicht mehr vorhanden sind, kann nur der Wertersatz eingezogen werden, was eine Folgeänderung in § 73c StGB erforderlich macht (unten 6.) und zu Berechnungsschwierigkeiten führen dürfte.

Weiter beklagt der Bericht (S. 54 ff.), dass nach der BGH-Rechtsprechung Gegenstände aus Erwerbstaten bzw. deren Surrogate nur dann nach § 73a StGB eingezogen werden könnten, wenn sie bei Begehung der Anlasstat vom Täter schon erlangt gewesen und in seinem Vermögen noch vorhanden seien. Bleibe die konkrete Herkunft eines Gegenstands unklar, lasse sich meist auch der Erlangenszeitpunkt nicht feststellen, was dann eine Einziehung nach § 73a StGB ausschließe. Diese Abschöpfungslücke könne § 76a Abs. 4 StGB nicht schließen, der zwar keinen solchen zeitlichen Zusammenhang verlange, dafür aber nur bei wegen Katalogtaten sichergestellten Gegenständen greife und insoweit enger sei als § 73a StGB. Der zugrunde liegenden „Rechtschreibung“ des BGH fehle es zumindest teilweise an einem „gesetzgeberischen Rückhalt“, so der Bericht (S. 56). Ein neuer § 73a Abs. 1 S. 2 StGB-E soll daher regeln, dass es für die Einziehung nicht darauf ankommt, ob der Tatertrag zum Zeitpunkt der Anknüpfungstat im Vermögen des Täters oder Teilnehmers noch oder bereits vorhanden ist (S. 54 ff.).

Der geltende § 73a StGB lasse zudem keine Einziehung von Surrogaten der aus der Erwerbstat erlangten Gegenstände zu (S. 57 ff.), da die Vorschrift anders als noch ihre Vorgängernorm nicht auf die Surrogateinziehung (§ 73 Abs. 3 StGB) verweise, was auf ein gesetzgeberisches Versehen zurückzuführen sei (S. 60). Zwar werde in diesen Fällen Wertersatz eingezogen (§ 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB), aber es sei offen, ob dies auch gelte, wenn nicht geklärt werden könne, ob man es mit dem erlangten Gegenstand oder seinem Surrogat zu tun habe. Selbst wenn man dies bejahe, sei in diesen Fällen keine Pfändung des Gegenstands, sondern nur ein Vermögensarrest möglich, dessen Erlass mehr Zeit brauche, so dass der Gegenstand an Wert verlieren oder verschoben werden könne. Die Abwendungsbefugnis erlaube es dem Täter zudem, den konkreten Gegenstand zunächst zu behalten, so dass er z.B. „weiter mit dem PKW umherfahren“ könne, was die Arbeitsgruppe „insbesondere im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Clankriminalität“ bedenklich findet. Ein neu gefasster § 73a Abs. 2 StGB-E müsse daher auf die Surrogateinziehung verweisen, also auf die neuen Abs. 4 und 5 von § 73 StGB-E.


§ 73a StGB-E Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer einer rechtswidrigen Tat (Anknüpfungstatdurch andere rechtswidrige Taten oder für sie (Erwerbstat) etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. Dies gilt unabhängig davon, ob der Tatertrag zum Zeitpunkt der Anknüpfungstat im Vermögen des Täters oder Teilnehmers noch oder bereits vorhanden ist.

(2) § 73 Abs. 4 und 5 StGB gelten entsprechend.

(3) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Abs. 1 oder 2 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung der Taterträge zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Der Bericht (S. 62 ff.) kritisiert zudem die BGH-Rechtsprechung zur erweiterten Einziehung bei Auslandstaten, die verlange, dass auf die Erwerbstaten deutsches Strafrecht anwendbar sein müsse, was kaum nachweisbar sei und dem Wesen des § 73a StGB widerspreche. Die Lösung hierfür (und für die Parallelproblematik bei § 76a Abs. 4 StGB) sieht man in einem neuen § 7a StGB-E, der die Geltung des deutschen Strafrechts „auch für eine Einziehungsentscheidung gemäß § 73a oder § 76a Absatz 4“ für den Fall anordnen soll, dass der einzuziehende Vermögenswert im Inland sichergestellt oder beschlagnahmt wird. Schließlich sollen die Regelungen zur gerichtlichen Überzeugungsbildung des § 437 StPO zukünftig nicht nur für § 76a Abs. 4 StGB gelten, sondern auch auf die erweiterte Einziehung anwendbar gemacht werden (S. 66).


5. Dritteinziehung

Zahlreiche Änderungen schlägt der Bericht (S. 68 ff.) bei § 73b StGB vor. Beim Tatlohn stelle sich das Problem, dass der direkt an einen Dritten (etwa eine juristische Person) gezahlte Tatlohn nicht abgeschöpft werden könne, da § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB (Handeln für einen Dritten) nur gilt für „durch die Tat erlangte Erträge“ (also nicht für Tatlohn) und § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b StGB (Verschiebung von Erträgen) auf den nicht aus dem Tatertrag stammenden Tatlohn unanwendbar sei. Um die Lücke zu schließen, solle § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB um eine Tatlohnvariante („oder für [die Tat]“) ergänzt werden (S. 68 ff.).

Fließen Erträge direkt einem undolos handelnden Werkzeug (wie etwa einem gutgläubigen Finanzagenten) zu, so sei zweifelhaft, ob der Täter für diesen Dritten gehandelt habe und die Erträge nach § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB (Vertretungsfall) eingezogen werden könnten. Weil die Rechtsprechung das Tatbestandsmerkmal „für einen anderen“ nicht selten restriktiv auslege (d.h., ein Handeln im Interesse und entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Dritten verlangt), empfehle es sich, in § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB klarzustellen, dass für den Dritten „rechtlich oder faktisch“ gehandelt werden könne (S. 70).

Die Gesamtrechtsnachfolge bei einer gegen eine Gesellschaft gerichteten Dritteinziehung will der Bericht (S. 76 ff.) in Anlehnung an § 30 Abs. 2a OWiG durch einen neuen § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. c StGB-E regeln.

Der von der BGH-Rechtsprechung bei den Verschiebungsfällen (§ 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2 StGB) aufgestellten Voraussetzung eines Bereicherungszusammenhangs will der Bericht (S. 79 ff.) durch einen neuen § 73b Abs. 5 StGB-E die Grundlage entziehen (alternative Lösungen werden auf S. 81 ff. erörtert). Am Bereicherungszusammenhang könne es z.B. im familiären Umfeld fehlen, wenn der Täter jemanden aus Großzügigkeit bzw. aufgrund familiärer Beziehungen beschenke. Dies erscheine im Hinblick auf eine effektive Einziehung von Taterträgen besonders dann unbefriedigend, wenn der Täter gerade aufgrund des Näheverhältnisses weiterhin von den Zuwendungen profitiere.

Der Bericht bemängelt weiter, dass zwar auf Dritte verschobene Nutzungen, nicht aber Surrogate eingezogen werden können, und bezieht sich auf eine BGH-Entscheidung zu den Vertretungsfällen (§ 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB; S. 82 ff.). Für die Verschiebungs- und Vererbungsfälle sieht § 73b Abs. 3 StGB allerdings schon heute eine Regelung vor, an der der Bericht mit dem vorgeschlagenen neuen § 73b Abs. 3 StGB-E in der Sache offenbar festhalten möchte. Neu ist dagegen die in § 73b Abs. 4 StGB geregelte Einziehung von Surrogaten und Folgesurrogaten, die der Dritte selbst erworben hat, sowie von Nutzungen aus solchen Surrogaten und den Surrogaten der Nutzungen.

Strafverteidigern kann eine Einziehung drohen, wenn sie Honorare entgegennehmen, deren rechtswidrige Herkunft sie hätten erkennen müssen (§ 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b StGB). Rechtsprechung hierzu gebe es nicht, weil, so die Vermutung des Berichts (S. 86 ff.), sich das Kennen-Müssen nicht nachweisen lasse. Aus „Sicht der justiziellen Praxis“ gebe es daher keinen Regelungsbedarf. Gleichzeitig sei aber streitig, ob das Kennen-Müssen Leichtfertigkeit verlange oder Fahrlässigkeit ausreiche. Man könne daher die Haftung der Strafverteidiger zumindest auf grobe Fahrlässigkeit beschränken. Eine Orientierung an dem verfassungsrechtlich gebotenen Strafverteidigerprivileg bei der Geldwäsche (§ 261 Abs. 6 S. 2 StGB), das eine Leichtfertigkeitsstrafbarkeit ausschließt, lehnt der Bericht (S. 87) unter Hinweis auf den „Unterschied zwischen einer drohenden Strafbarkeit ... und einer bloßen finanziellen Haftung“ ab (anders Schwerdtfeger / Babuckewistra 2023, 98 ff.).

Relativ kurz erörtert (S. 455, 497) wird die Änderung der Regelung zur Wertersatzeinziehung (einschließlich bei ersparten Aufwendungen) in § 73b Abs. 2 StGB. Hier soll das Merkmal „etwas“ die Formulierung „einen Gegenstand“ ersetzen, auf die sich der BGH bei seiner Ablehnung einer Drittabschöpfung von verschobenen ersparten Aufwendungen stützt (BGH, Beschl. v. 22.8.2022 – 1 StR 187/22, wistra 2023, 289 mit Anm. RettkeRettke, NZWiSt 2024, 353; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 1.2.2024 – 18 Qs 19/23, NZWiSt 2024, 377). Eine Folgeänderung dazu findet sich in § 73c Abs. 3 StGB-E (s. unten 6.):


§ 73b StGB-E Einziehung von Taterträgen bei Dritten

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist (Dritter), wenn

   1. er durch oder für die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer rechtlich oder faktisch für ihn gehandelt hat,

   2. ihm das Erlangte

     a) unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder

     b) übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

   3. das Erlangte auf ihn

     a) als Erbe übergegangen ist,

     b) als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist oder

     c) als Gesamtrechtsnachfolger oder aufgrund einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung nach dem Umwandlungsgesetz übergegangen ist.

Satz 1 Nr. 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde. Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b findet auf einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, nur dann Anwendung, wenn er zumindest leichtfertig verkannt hat, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt.

(2) Erlangt der Dritte unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 etwas, das dem Wert des Erlangten entspricht, so ordnet das Gericht auch dessen Einziehung an.

(3) Erlangt der Dritte unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 Surrogate oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(4) § 73 Abs. 4 und 5 gelten entsprechend.

(5) Eine Einziehung nach den vorstehenden Absätzen erfolgt unabhängig von einem Bereicherungszusammenhang.


6. Wertersatzeinziehung

Der Bericht (S. 45 ff.) schlägt vor, dass auch der Wertersatz von Surrogaten eingezogen werden können soll, um auch auf diesem Weg, mit inkriminiertem Vermögen erwirtschaftete Investitionsgewinne abzuschöpfen. Dazu soll § 73c StGB komplett neu gefasst werden. Ob das Gericht den Wertersatz für das ursprünglich Erlangte oder stattdessen das (Folge-)Surrogat bzw. dessen Wertersatz einzieht, stehe in seinem Ermessen (S. 46). Die Regelung will „alle Möglichkeiten [eröffnen], bei mehreren Re-Investitionen inkriminierten Vermögens jeweils den höchsten erwirtschafteten Wert einzuziehen“ (S. 47). Tausche ein Dealer ein zunächst mit Drogengeldern gekauftes Auto gegen ein höherwertiges Exemplar ein, so solle zukünftig dieses Folgesurrogat oder (wenn nicht mehr vorhanden) der Wertersatz eingezogen werden können (S. 43). Erhöhe sich der Wert eines Surrogats durch Einbringung von Legalvermögen, so stehe es nach dem neuen § 73c Abs. 1 S. 2 StGB im Ermessen des Gerichts, nur den Wert des ursprünglich Erlangten einzuziehen (S. 47). Auch bei Nutzungen soll zukünftig eine Wertersatzeinziehung möglich sein (Abs. 3).


§ 73c StGB-E Einziehung des Wertes von Taterträgen

(1) Ist die Einziehung des Taterlangten oder des Tatlohnes wegen der Beschaffenheit oder aus einem anderen Grund nicht möglich, so ordnet das Gericht die Einziehung eines dem Wert entsprechenden Geldbetrages an. Anstelle des Wertes kann das Gericht die Einziehung eines Surrogats oder, soweit dessen Einziehung wegen der Beschaffenheit oder aus einem anderen Grund nicht möglich ist, des Wertes eines Surrogats anordnen.

(2) Eine Anordnung von Wertersatz trifft das Gericht auch neben der Einziehung des Taterlangten oder des Tatlohnes, soweit sich dessen Wert verringert hat. Neben der Einziehung eines Surrogats kann das Gericht eine Anordnung von Wertersatz treffen, soweit dessen Wert hinter seinem ursprünglichen Wert, hinter dem Wert des zunächst Erlangten oder eines früheren Surrogats zurückbleibt.

(3) Wird in den Fällen des § 73 Abs. 3 und 73b Abs. 2 etwas übertragen, das den Wert des Erlangten übersteigt, so ordnet das Gericht die Einziehung des Wertes des Erlangten an.

(4) Für gezogene Nutzungen gelten Abs. 1 bis Abs. 3 entsprechend.


7. Befriedigung von Verletztenansprüchen

Nach der Neuregelung von § 73e StGB (S. 100 ff.) soll eine Einziehung gegen denjenigen ausgeschlossen sein, der den Anspruch des Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten befriedigt. Befriedigung soll insbesondere bei Leistung und Aufrechnung eintreten, nicht aber bei Verjährung oder bei einem Verzicht im Rahmen eines Vergleichs. Damit werde das „Institut der strafrechtlichen Einziehung maßvoll von der Dispositionsfreiheit des Verletzten“ entkoppelt, S. 108). Der Verzicht des Verletzten solle aber nicht völlig irrelevant sein, sondern ein Absehen von der Einziehung ermöglichen (neuer § 421 Abs. 1 S. 2 StPO-E, S. 109).

In den Fällen von Handelsketten (etwa von Dieb und Hehler) soll nach der vorgeschlagenen Änderung von § 73e StGB die Befriedigung von Verletztenansprüchen (etwa Rückgabe des Diebesguts durch den Hehler an den Verletzten) nur noch die Einziehung auf der jeweiligen Handelsstufe (im Beispiel also gegen den Hehler wegen seiner Hehlereitat ausschließen; § 73 Abs. 2 StGB-E, S. 99 ff.). Ziel der Regelung solle alleine die Vermeidung einer Doppelbelastung des Einziehungsadressaten durch den Staat und den Geschädigten sein. Zu einer Doppelbelastung komme es aber nicht, wenn der Dieb sich zwar Einziehungs‑, aber keinen Verletztenansprüchen mehr gegenübersehe. Dies entspreche auch dem Ergebnis bei Handelsketten mit Betäubungsmitteln, wo es keine Geschädigten gebe und immer bei allen an der Handelskette Beteiligten eingezogen werde. Bei einer Gesamtschuld von mehreren Tatbeteiligten erstrecke sich der Einziehungsausschluss auf Tatbeteiligte, die denselben Tatertrag oder denselben Tatlohn (bzw. das jeweilige Surrogat) erlangt haben. Behält der Mittäter einer Diebesbande die Beute und zahlt er den Anteil seiner Mittäter mit Legalvermögen aus (= Surrogate), so befreit die Rückgabe des Diebesguts ebenfalls die Mittäter, nicht allerdings den Gehilfen, der Tatlohn aus Legalvermögen erhalten hat (S. 103 f., 111 ff. unter Hinweis auf den „Steuerberaterlohn“ in Cum/Ex-Fällen). Bei Zahlungen von Dritten („Großmutter zahlt den Betrag zurück, um den ihr Enkel den Verletzten betrogen hat“) greife ebenso ein Einziehungsausschluss (§ 73e Abs. 4 StGB-E) wie in dem Fall, dass der Verletzte einen Vermögenswert aufgrund strafprozessualer Maßnahmen zurückerhält (§ 73e Abs. 4 StGB-E, § 267 BGB). § 73e Abs. 2 StGB (Entreicherung des Dritten) bleibt inhaltlich unverändert. Folgeänderungen sind in §§ 459g, 459h StPO vorgesehen (S. 105 ff.).


§ 73e StGB-E Ausnahmen von der Einziehung

(1) Die Anordnung der Einziehung ist gegen denjenigen in der Höhe ausgeschlossen, in der er den Anspruch des Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten oder auf Herausgabe des Surrogates befriedigt.

(2) Der Ausschluss der Einziehung nach Abs. 1 erstreckt sich auf andere, soweit diese

   a) entweder nach § 73 Abs. 1 durch dieselbe Tat dasselbe Taterlangte

   b) oder nach § 73 Abs. 2 für dieselbe Tat denselben Tatlohn

erlangt haben. Satz 1 gilt entsprechend für die Fälle des § 73 Abs. 3 sowie für Surrogate des Erlangten und hieraus gezogene Nutzungen.

(3) In den Fällen des § 73b ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Dritten vorhanden ist, es sei denn, diesem waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.

(4) Abs. 1 bis 3 gelten für die Fälle des § 267 BGB entsprechend.

(5) Die Rückgewähr des Erlangten nach § 111n Abs. 2 StPO gilt als Befriedigung i.S.d. Abs. 1 bis 3 durch den letzten Gewahrsamsinhaber.


8. Einziehung ohne vorherige Verurteilung

Eine Einziehung nach § 76a Abs. 1 StGB soll auch dann noch möglich sein, wenn das Gericht bei einer vorangegangenen Verurteilung die Einziehungsentscheidung vergessen hat (S. 127 ff.). Nur wenn das rechtskräftige Urteil ausdrücklich über die Einziehung entschieden habe, sei eine Einziehung nach § 76a Abs. 1 StGB gesperrt. Neben der Einfügung von „ausdrücklich“ in § 76a Abs. 1 S. 3 StGB ist eine Folgeänderung in § 267 StPO vorgesehen, die zu Ausführungen im Urteil über unterlassene Einziehungsentscheidungen verpflichtet (S. 129). Eine entsprechende Regelung wird für die vergessene Einziehung bei der Gesamtstrafenbildung vorgeschlagen (§ 460 StPO-E, S. 132 ff.).

Weiter soll die Einziehung nach § 76a Abs. 2 StGB (Verjährung) auch möglich sein, wenn in einem Verfahren des erweiterten Verfalls (§ 73a StGB) die Anknüpfungstat verjährt und deshalb nicht mehr im Wege einer Verurteilung eingezogen werden kann (S. 141 ff.).

Bei § 76a Abs. 4 StGB schlägt der Bericht (S. 144 ff.) eine Erweiterung des Anlasstatenkatalogs (zumindest) um die Korruptionsdelikte des § 108e StGB sowie (wohl nur in besonders schweren Fällen nach § 335 StGB) der §§ 332, 334 StGB vor.

Der Begriff der Sicherstellung in § 76a Abs. 4 S. 1 StGB soll dahingehend klargestellt werden, dass es ausreicht, wenn zunächst nur formlos sichergestellt und nicht förmlich gem. § 111b StPO beschlagnahmt wird (S. 149 ff.).

Bei der Verjährungsregelung des § 76b StGB soll klargestellt werden, dass die Verjährung in den Fällen des § 76a Abs. 4 StGB mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der sichergestellte Vermögenswert in das Vermögen des Betroffenen gelangt ist. Damit soll vermieden werden, dass etwa bei einer Sicherstellung wegen eines Geldwäscheverdachts die Verjährung schon mit der nicht näher konkretisierbaren Geldwäschevortat zu laufen beginnt. Vorgeschlagen wird daneben auch eine neue Unterbrechung der Verfolgungsverjährung bei Vermögensarrest (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB-E, S. 155 ff.).


9. Jugendstrafrecht

Durch einen neuen § 6a JGG soll von der Wertersatzeinziehung abgesehen werden können, soweit dies unter Berücksichtigung des Ziels des Jugendstrafrechts (§ 2 Abs. 1) geboten erscheint (S. 406 ff.). Die schon vorhandene Möglichkeit, aus Verhältnismäßigkeitsgründen von der Einziehung abzusehen (§ 431 Abs. 1 Nr. 3 StPO), biete ebenso wenig wie die vollstreckungsrechtliche Lösung über § 459g Abs. 5 StPO hinreichenden Schutz vor potentiell entwicklungsschädlichen Auswirkungen der Wertersatzeinziehung auf Jugendliche.


10. Verfahrensrecht

Mit einer Änderung von § 435 StPO soll der Übergang ins selbständige Einziehungsverfahren in der Hauptverhandlung erleichtert werden (S. 300). Außerdem werden Änderungen bzw. gesetzliche Klarstellungen für das objektive Einziehungsverfahren, insbesondere zur örtlichen Zuständigkeit der Gerichte (S. 277 ff.), zum bislang stets erforderlichen Eröffnungsbeschluss (S. 290 ff.), zur Verfahrensbeteiligung und zur Beweislastumkehr im Nachverfahren (S. 327) sowie zur Verwertung von Ermittlungsergebnissen im objektiven Verfahren. Weiter spricht sich der Bericht für Möglichkeit aus, eine selbständige Einziehung begleitend zu einem im Übrigen beantragten Strafbefehl anzuordnen (S. 323 ff.).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

 

 


Verlag C.F. Müller

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