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Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung

aus wistra 10/2024

Das BMF hat am 5.9.2024 seinen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung vorgelegt und bis 4.10.2024 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Das umfangreiche Mantelgesetz sieht Änderungen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Art. 1), der Abgabenordnung (Art. 2), Plattformen-Steuertransparenzgesetzes (Art. 3), des Wettbewerbsregistergesetzes (Art. 4), des Mindestlohngesetzes (Art. 5), des Arbeitsschutzgesetzes (Art. 6), des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (Art. 7), des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (Art. 8), des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Art. 9), des Ersten, Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Art. 10 bis 12), des Bundeskriminalamtgesetzes (Art. 13), des Zollfahndungsdienstgesetzes (Art. 14), und Zollverwaltungsgesetzes (Art. 15) vor. Folgeänderungen an weiteren Gesetzen finden sich in Art. 16. Inkrafttreten soll das Gesetz am Tag nach seiner Verkündung (Art. 17).

Die Neuregelung solle die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit ... zukunftsadäquat aufstellen, damit deren Arbeit noch effizienter und wirksamer wird“ (RefE, S. 1, 37). Schwarzarbeit habe eine negative gesamtgesellschaftliche Auswirkung, schade der deutschen Wirtschaft und untergrabe das Vertrauen in den Rechtsstaat. Ihre Bekämpfung sei daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (RefE, S. 1, 37). Der Staat habe die „Ordnung des Arbeitsmarkts, freien unternehmerischen Wettbewerb sowie Steuereinnahmen und Sozialabgaben“ zu sichern. Damit er diesen Schutzauftrag effektiv wahrnehmen könne, gelte es, alle Aufgabenbereiche der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) „möglichst zielgenau und entsprechend auf die aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft, der Wirtschaft sowie den anderen Zusammenarbeitsbehörden auszurichten“ (RefE, S. 1, 37). Das geplante „operative Informations- und Datenanalysesystem“ könne die aufgedeckten und nachzufordernden Schadenssummen von derzeit jährlich ca. 732 Mio. Euro auf ca. 1,13 Mrd. Euro erhöhen (RefE, S. 38).
 

1. Modernisierung und Digitalisierung

Vorgesehen ist insbesondere die Festlegung eines „risikobasierten Prüfungsansatzes“ in § 2 Abs. 5 SchwarzArbG-E. Die Auswahl der Prüfungen soll durch einen automatisierten Datenabgleich unterstützt werden. Dazu soll die FKS große Datenmengen systematisch auf Schwarzarbeitsrisiken auswerten und daraus Risikobewertungen ableiten können (§§ 25, 26 SchwarzArbG-E). Der „Einsatz selbstlernender Systeme, sowie automatisierter Systeme, die eigenständig Gefährlichkeitsaussagen über Personen treffen können,“ ist allerdings unzulässig (§ 25 Abs. 5 S. 2, § 13 Abs. 5 S. 6 ZfDG-E; Begründung S. 116, 131 unter Hinweis auf die „Palantir“-Entscheidung des BVerfG vom 16.2.2023, NJW 2023, 1196). Personenbefragung und Geschäftsunterlagenprüfung sollen besser digital unterstützt werden können (§§ 3–5 SchwarzArbG-E, RefE, S. 30). Zugleich soll die Digitalisierung vor Ort-Prüfungstermine ersparen und mehr Prüfungen an Amtsstelle ermöglichen (RefE, S. 39). Weiter nennt die Entwurfsbegründung als wesentliche Änderung, dass Friseursalons in den Katalog der für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung besonders anfälligen Branchen aufgenommen werden (§ 2a Abs. 1 Nr. 11 SchwarzArbG-E, RefE, S. 30).
 

2. Schein- und Abdeckrechnungen sollen strafbar werden

Der Entwurf will außerdem das Straf- und Bußgeldrecht besser handhabbar machen (RefE, S. 39) und dazu das Herstellen und Inverkehrbringen von unrichtigen Belegen von einer Ordnungswidrigkeit (§ 8 Abs. 4, 5 SchwarzArbG) zu einer Straftat hochstufen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. Die Vorschrift (Art. 1 Nr. 13; § 9 SchwarzArbG-E) soll folgenden Wortlaut haben:

§ 9 Strafvorschriften

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 8 Abs. 4 bezeichnete Handlung begeht und gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

Die Regelung baut mit § 8 Abs. 4 SchwarzArbG auf einen bereits geltenden und unverändert bleibenden Ordnungswidrigkeitentatbestand auf. Bußgeldbewehrt ist danach das Ausstellen oder Inverkehrbringen von unrichtigen Belegen, die das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung vorspiegeln, wenn dadurch Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung ermöglicht wird. Der geltende Ordnungswidrigkeitentatbestand für das Handeln aus grobem Eigennutz bzw. als Mitglied einer Bande (§ 8 Abs. 5 SchwarzArbG) wird dagegen aufgehoben (Art. 1 Nr. 12 Buchst. c; RefE, S. 85, wo es wohl versehentlich heißt, dass auch § 8 Abs. 4 aufgehoben werde; zu weiteren Änderungen bei den Bußgeldtatbeständen s. Art. 1 Nr. 12).

Der neue Straftatbestand (der auch schon zuvor aus der Praxis gefordert wurde, s. Sackreuther, NZWiSt 2021, Heft 12, Editorial) wird damit begründet, dass Schein- und Abdeckrechnungen die Erhebung von Steuern und Sozialabgaben in besonderem Maße gefährdeten und vielfach erst Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ermöglichten (RefE, S. 85). Die Erstellung der Rechnungen ziele von Beginn an ausschließlich darauf ab, rechts- und wahrheitswidrige Zustände zu schaffen und weise daher einen erheblichen, eigenen Unrechtsgehalt auf, der sich nicht in einer Vorbereitungshandlung erschöpfe (RefE, S. 86). Die Ausgestaltung als Gefährdungstatbestand sei daher zwingend erforderlich, um den ursprünglich intendierten Gesetzeszweck zu erreichen (RefE, S. 86). Die aktuellen Bußgeldtatbestände in § 8 SchwarzArbG würden dem erhöhten Unrechtsgehalt der Taten nicht gerecht und seien insbesondere nicht geeignet, Kettenbetrugssachverhalte effektiv und nachhaltig zu bekämpfen (RefE, S. 85). Die Betreiber der professionell organisierten Servicefirmen handelten mit Schein- oder Abdeckrechnungen im Millionenbereich und bedienten damit eine große Anzahl von Unternehmen. Dabei würden über Servicefirmengeflechte gleich mehrere Servicefirmen mit Strohmännern als Geschäftsführer hintereinandergeschaltet und regelrechte Abdeckrechnungsketten erzeugt (RefE, S. 86). Außerdem sei die Verjährungsfrist bei Ordnungswidrigkeiten für die oftmals langwierigen und sehr komplexen Ermittlungsverfahren zu kurz (RefE, S. 86 unter Hinweis auf die Evaluierung der geltenden Regelungen). Auch ein Kontoabruf (§ 24c KWG) sei bei einer Ordnungswidrigkeit nicht möglich, was die Vermögensabschöpfung erschwere (RefE, S. 86).
 

3. Mehr Befugnisse und Beteiligungsrechte für die FKS

Der Entwurf will auch die Befugnisse der Zollverwaltung zur selbstständigen Durchführung von Ermittlungsverfahren (§§ 14a-14c SchwarzArbG) erweitern, nachdem die Staatsanwaltschaften die bisherigen Regelungen vielerorts als keine echte Entlastung angesehen hätten (RefE, S. 40). Mit den Neuregelungen sollen die Ermittlungsverfahren in einem größeren Anwendungsbereich direkt durch die Hauptzollämter bearbeitet werden, ohne dass diese zuvor an die Staatsanwaltschaften übersendet und von diesen wieder an die Hauptzollämter zur abschließenden Bearbeitung abgegeben werden müssen (RefE, S. 40).

Ein neuer § 14b Abs. 6 SchwarzArbG soll die Beteiligungsrechte der FKS stärken. Bislang fehle für die FKS-Bediensteten ein Äußerungs- oder Fragerecht innerhalb der Hauptverhandlung (wie es § 407 AO für die Straf- und Bußgeldsachenstellen kennt; RefE, S. 92). Die Regelung soll folgenden Wortlaut haben:

(6) Der Termin zur Hauptverhandlung und der Termin zur Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter nach den §§ 223 und 233 der Strafprozessordnung werden den Behörden der Zollverwaltung mitgeteilt. Ihre Vertretung erhält in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort. Ihr ist zu gestatten, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu richten. Das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen sind den Behörden der Zollverwaltung mitzuteilen.

Mit dieser Ergänzung werde die Fachexpertise und Aktenkenntnis der FKS-Bediensteten auch für das gerichtliche Verfahren vollständig zur Verfügung stehen (RefE, S. 92). Ein gerichtliches Verfahren könne sich z.B. anschließen, wenn gegen einen von der Zollverwaltung beantragten Strafbefehl Einspruch eingelegt werde (RefE, S. 92).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder


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