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Referentenentwurf zur Erhöhung der Transparenz von Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft

aus wistra 8/2024

Das BMJ hat am 30.4.2024 seinen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Transparenz von Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft vorgelegt und Ländern und Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme bis 7.6.2024 gegeben. Der Gesetzentwurf soll die schon geltenden engen rechtlichen Grenzen des Weisungsrechts „ausdrücklich normieren und klarstellen“ (RefE, S. 1). Außerdem will der Entwurf Schriftlichkeits- und Begründungserfordernisse für ministerielle Weisungen einführen, um so für mehr Transparenz zu sorgen. Die Normierung der engen Voraussetzungen des Weisungsrechts verdeutliche, dass das Risiko einer politischen Einflussnahme rechtlich nahezu ausgeschlossen sei, und begegne damit der Kritik an einem mit dem Weisungsrecht verbundenen „bösen Anschein“ (RefE, S. 7). Dazu soll § 146 GVG um folgende Abs. 2 und 3 ergänzt werden:

(2) Weisungen zur Sachleitung durch Vorgesetzte nach § 147 haben den Legalitätsgrundsatz (§ 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung) zu beachten und sind nur zulässig

1. zur Verhinderung rechtswidriger Entscheidungen,

2. soweit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum besteht oder

3. im Bereich der Ermessensausübung.

Sie ergehen frei von justizfremden Erwägungen.

(3) Weisungen zur Sachleitung durch Vorgesetzte nach § 147 Nr. 1 und 2 sollen in Textform (§ 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erteilt und begründet werden. Wird die Weisung aus besonderen Gründen nur mündlich oder ohne Begründung erteilt, ist sie spätestens am folgenden Tag in Textform zu bestätigen und zu begründen.

1. Keine Abschaffung des Weisungsrechts

Das Weisungsrecht selbst will der Gesetzentwurf beibehalten; er begründet dies mit dem Demokratieprinzip (RefE, S. 4 f.). Die Staatsanwaltschaft erfülle als Teil der Justiz eine zentrale rechtsstaatliche Aufgabe. Sie greife als Teil der Exekutive aber auch in Grundrechte ein, so dass ihre demokratische Legitimation (Art. 20 Abs. 2 GG) durch parlamentarische Verantwortung sicherzustellen sei. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft sei nicht zuletzt wegen der Verantwortlichkeit von Regierung und Verwaltung gegenüber dem Parlament ein Ausdruck des Grundsatzes, dass „die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch eine Legitimationskette zwischen Volk und Staatsorganen gewährleistet sein muss“ (RefE, S. 5). Eine Abschaffung des externen Einzelweisungsrechts ließe innerhalb der Exekutive einen ministerialfreien Raum entstehen und würde ein erhebliches Spannungsverhältnis zu Art. 20 Abs. 2 GG erzeugen. Ministerialfreie Räume im Bereich der Exekutive seien zwar nicht ausgeschlossen. Es gebe jedoch Aufgaben, die wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen und auf Stellen übertragen werden dürften, die von Regierung und Parlament unabhängig seien; andernfalls würde es der Regierung unmöglich gemacht, die von ihr geforderte Verantwortung zu tragen, da auf diese Weise unkontrollierte und niemandem verantwortliche Stellen Einfluss auf die Staatsverwaltung gewinnen würden (RefE, S. 5 unter Bezugnahme auf eine BVerfG-Entscheidung von 1959 [BVerfG, Urt. v. 27.4.1959 – 2 BvF 2/58, NJW 1959, 1171, 1172]). Dass gerade die Strafverfolgung eine solche politische Tragweite aufweise, stehe aufgrund der Eingriffsintensität ihrer Mittel außer Frage (RefE, S. 5).

Das in §§ 146, 147 GVG geregelte Weisungsrecht sei bereits durch das Legalitätsprinzip eng begrenzt. Spielräume bestünden sofern es um Fragen der Technik und Taktik der Ermittlungsarbeit gehe, bei Zweifels- und Auslegungsfragen, bei Vorliegen eines Beurteilungsspielraums und bei Ermessen. Weiter werde das Legalitätsprinzip punktuell durch das Opportunitätsprinzip durchbrochen, das Ausnahmen vom Verfolgungszwang vorsehe, die auf Wertungs- und Beurteilungskriterien beruhten. Wo das Gesetz keinen Entscheidungsspielraum lasse und strikt eine bestimmte Maßnahme verlange, seien abweichende Weisungen unzulässig (RefE, S. 5). Wo Weisungen zulässig seien, hätten sie ihrerseits frei von Ermessensfehlern zu ergehen. Willkürverbot, Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot justizfremder Erwägungen seien dann zu beachten. Erkennbar rechtswidrige Weisungen seien für die Anweisenden strafbar (§§ 344, 345, 258a StGB) und für die Angewiesenen unverbindlich (RefE, S. 6).

2. Ausdrückliche Normierung der Grenzen des Weisungsrechts

Der geplante § 146 Abs. 2 GVG-E soll die geltenden engen Grenzen des Weisungsrechts ausdrücklich im Gesetz festschreiben: Weisungen zur Sachleitung müssen danach den Legalitätsgrundsatz beachten und frei von justizfremden Erwägungen ergehen, also der Einhaltung von Recht und Gesetz dienen und nicht Ausdruck politischer Zweckmäßigkeitserwägungen sein (RefE, S. 11). Sie sind nur zulässig zur Verhinderung rechtswidriger Entscheidungen, soweit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum besteht und im Bereich der Ermessensausübung. Die Regelung soll die Ausübung des Weisungsrechts vorhersehbarer und besser kontrollierbar machen (RefE, S. 9) und damit der Kritik des EuGH (Urt. v. 27.5.2019 in den verbundenen Rechtssachen C-508/18 und C-82/19 PPU; ECLI:EU:C:2019:456) an der fehlenden Regelung der Weisungsvoraussetzungen Rechnung tragen.

§ 146 Abs. 2 GVG -E soll sowohl für interne Weisungen (§ 147 Nr. 3 GVG) als auch für externe Weisungen (§ 147 Nr. 1, 2 GVG) gelten und auf das Einzelweisungsrecht ebenso wie auf generelle Anordnungen (etwa in Form von Richtlinien) anwendbar sein (RefE, S. 10). Es müsse sich aber jeweils um Weisungen zur Sachleitung handeln, so dass z.B. Sachstandsanfragen, das Anfordern von Berichten, bloße Rechtsauskünfte zu Einzelfällen und allgemeinen Rechtsfragen sowie die Bestimmung der Zuständigkeit für Strafverfahren nicht erfasst seien (RefE, S. 20).

Ein Beurteilungsspielraum ist nach der Entwurfsbegründung eröffnet, wenn Zweifelsfragen zu entscheiden seien (RefE, S. 10). Folgt die Staatsanwaltschaft der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der im Wesentlichen einhellig vertretenen Rechtslehre, so seien gegenteilige Weisungen unzulässig. Zulässig sei es aber, durch Weisungen von einer gefestigten Rechtsprechung abzuweichen, um diese in Frage zu stellen und überprüfen zu lassen (RefE, S. 11).

Wo Weisungen zulässig sind, wie etwa bei Ermessensentscheidungen nach § 153a StPO, müssen sie frei von justizfremden Erwägungen ergehen (§ 146 Abs. 2 S. 2 GVG-E). Das schließe es aus, die sachgerecht und vertretbar getroffene Entscheidung einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwalts durch eine abweichende Entscheidung zu ersetzen, wenn dieser verfahrensfremde Erwägungen rein politischer Zweckmäßigkeit zugrunde lägen. Unzulässig sei daher etwa die Weisung, dass aus politischer Rücksichtnahme zur Vermeidung von Aufsehen ein Verfahren gegen eine im öffentlichen Leben stehende Person einzustellen sei (RefE, S. 11).

3. Transparenzregelungen

Die Transparenzregelungen des § 146 Abs. 3 GVG-E gelten für das externe Weisungsrecht des BMJ gegenüber der Generalbundesanwaltschaft (§ 147 Nr. 1 GVG) und der Landesjustizverwaltungen gegenüber den (General-)Staatsanwaltschaften nach § 147 Nr. 1, 2 GVG (nicht also für das interne Weisungsrecht nach § 147 Nr. 3 GVG). Sie sollen den Hinweis des EuGH hinsichtlich des Fehlens von Regelungen über die Form der Ausübung des Weisungsrechts aufgreifen (RefE, S. 12).

Weisungen müssen nach dem Regelungsvorschlag grundsätzlich in „Textform“ ergehen und eine Begründung enthalten. Die Textform (§ 126b BGB) ist auch durch eine E‑Mail erfüllt (RefE, S. 12). Textform und Begründung sollen eine nachträgliche parlamentarische Rechtmäßigkeitskontrolle ermöglichen und auch die anweisende Person selbst davor schützen, dass sie eine Weisung übereilt ausspricht (RefE, S. 12). Beide Anforderungen sind nicht nur bei Einzelfallweisungen, sondern auch bei generellen Anordnungen zur Sachleitung zu beachten, bei denen sich die Begründung aber bereits aus dem Regelungszusammenhang ergeben könne, so dass etwa die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV), die schon nach jetziger Praxis schriftlich erlassen werden, nicht auch noch gesondert zu begründen seien (RefE, S. 9, 12; s. z.B. die Weisungen zu Einstellungen nach § 153a stopp in Nr. 93, 242b RiStBV). Die Aufnahme von Weisungen in die Aktenführung wird nicht gesondert normiert und richte sich nach den jeweiligen dienstrechtlichen Regelungen (RefE, S. 12).

Die Soll-Vorschrift für Textform und Begründung erlaubt bei besonderen Gründen mündliche und unbegründete Weisungen, so etwa bei Zeitnot oder technischen Problemen (RefE, S. 12). Solche Weisungen sind am (Werk-)Tag nach ihrer Erteilung in Textform zu bestätigen und zu begründen (§ 146 Abs. 3 S. 2 GVG-E; RefE, S. 12).

4. Frühere Reformüberlegungen

Die Begründung des RefE setzt sich auch mit früheren Vorschlägen zur Reform des Weisungsrechts auseinander (RefE, S. 7 f.). So hatte die FDP-Bundestagsfraktion im Jahr 2019 den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften“ in das parlamentarische Verfahren eingebracht, der das externe Weisungsrecht im Einzelfall generell und kompensationslos ausschließen sollte (BT-Drucks. 19/11095, 7) und von der damaligen großen Koalition aus Union und SPD abgelehnt worden war (BT-Plenarprotokoll 19/163, 20329B). Bereits 1976 hatte das BMJ einen Referentenentwurf vorgelegt, der für die Phase der Hauptverhandlung weitgehende interne und externe Weisungsfreiheit schaffen und die Erteilung externer Weisungen besonders formalisieren wollte (Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Staatsanwaltschaft [StAÄG] vom 2.12.1976, S. 41–55). Der Deutsche Richterbund hatte zuletzt 2015 einen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des 10. Titels des GVG (GVGÄndG), zur Änderung des Zweiten Buchs der StPO (StPOÄndG) und zur Änderung des 5. Abschnitts des BBG (BBGÄndG)“ präsentiert, der das externe Einzelfallweisungsrecht abschaffen und dies mit einem neuen Klageerzwingungsrecht des BMJ und der Landesjustizverwaltungen ausbalancieren sollte.

Ein Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen („Stellung der Staatsanwaltschaft rechtsstaatlich reformieren“) aus dem Jahr 2019 forderte eine Beschränkung des externen Einzelfallweisungsrechts der Justizministerien „ausdrücklich auf evident rechtsfehlerhafte Entscheidungen sowie Fehl- oder Nichtgebrauch von Ermessen“ sowie Transparenzregeln und den Wegfall des Status des Generalbundesanwalts als politischer Beamter (BT-Drucks. 19/13516). Auch diesen Antrag lehnte die damalige schwarz-rote Mehrheit im Bundestagsplenum ab (BT-Plenarprotokoll 19/163, 20329B).

Thüringen hatte im Jahr 2020 dem Bundesrat einen „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften“ vorgelegt (BR-Drucks. 644/20), dessen Einbringung in den Deutschen Bundestag der BR-Rechtsausschuss aber ablehnte (BR-Drucks. 644/1/20; zu einer Entscheidung des Bundesratsplenums kam es nicht, da der Antrag von der Tagesordnung abgesetzt wurde [BR-Plenarprotokoll 997, 469]). Die Regelung sollte das Einzelfallweisungsrecht der Landesjustizverwaltung gegenüber der Staatsanwaltschaft auf Fälle beschränken, in denen eine Generalstaatsanwältin oder ein Generalstaatsanwalt gegen eine rechtswidrige oder fehlerhafte staatsanwaltschaftliche Entscheidung oder Sachbehandlung nicht einschreitet, und dies durch Anhörungs‑, Begründungs- und Dokumentationspflichten flankieren.

Das BMJ(V) selbst hatte bereits im Jahr 2021 einen Referentenentwurf zur Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften und der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgelegt, der die engen rechtlichen Grenzen des Weisungsrechts normierte, Transparenzregelungen enthielt und eine sektorale Ausnahme vom externen Einzelweisungsrecht im Bereich der strafrechtlichen Zusammenarbeit vorsah (s. dazu Heintschel-Heinegg / Wirt, GSZ 2022, 183). Der Referentenentwurf wurde allerdings nicht vom Bundeskabinett als Regierungsentwurf beschlossen und daher nicht weiterverfolgt.

5. Europa- und völkerrechtliche Vorgaben

Die Entwurfsbegründung bezieht sich insbesondere auf das EuGH-Urteil v. 27.5.2019 (verbundene Rechtssachen C-508/18 und C-82/19 PPU, ECLI:EU:C:2019:456, Rz. 81 f.), in dem der EuGH im Zusammenhang mit der Rolle der deutschen Staatsanwaltschaft als ausstellende Justizbehörde eines Europäischen Haftbefehls festgestellt hatte, dass diese die Gewähr für unabhängiges Handeln u.a. deshalb nicht biete, weil im GVG nicht näher geregelt sei, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form das Weisungsrecht ausgeübt werden könne (RefE, S. 4, 10, 12).

Weiter wird die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats zur „Rolle der Staatsanwaltschaft in der Strafgerichtsbarkeit“ (Rec[2000]19) angeführt. Die Empfehlung unterscheidet zwischen Ländern, in denen die Staatsanwaltschaft unabhängig ist, und Ländern, in denen sie von der Regierung abhängt oder Teil der Regierung ist (Nr. 13, 14). Die Empfehlung verhält sich zu diesen beiden Modellen neutral, spricht sich also nicht für eine Weisungsfreiheit aus. Ländern mit weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften wird aber empfohlen, das Einzelfallweisungsrecht mit Transparenz- und Billigkeitskriterien entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu versehen (Nr. 13; RefE, S. 1). Die dem Europarat zugehörige Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) hatte im Jahr 2015 in ihrer u.a. auf dieser Empfehlung des Ministerkomitees beruhenden Vierten Evaluierungsrunde Deutschland empfohlen, eine Abschaffung des Weisungsrechts in Erwägung zu ziehen und (falls das Weisungsrecht beibehalten wird) „weitere angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass entsprechende Weisungen der Justizminister mit angemessenen Garantien der Transparenz und Fairness verknüpft sind und – im Falle von Weisungen, auf eine Strafverfolgung zu verzichten – einer spezifischen Kontrolle unterliegen“ (GRECO, Vierte Evaluierungsrunde, Evaluierungsbericht Deutschland [Greco Eval IV Rep {2014} 1E], Rz. 205). Die Empfehlung wurde von GRECO als in zufriedenstellender Weise umgesetzt angesehen, nachdem das BMJ unter Beteiligung von Ländern und Verbänden eine Abschaffung des Weisungsrechts geprüft hatte und Maßnahmen zur Stärkung von Transparenz und Fairness getroffen worden waren. Gleichzeitig wurde Deutschland angehalten sich weiterhin mit der Frage auseinanderzusetzen, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind (GRECO, Vierte Evaluierungsrunde, Umsetzungsbericht Deutschland [GrecoRC4{2017}1], Rz. 41 ff.).

Ferner kann darauf verwiesen werden, dass die Arbeitsgruppe für Auslandsbestechungsfragen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD-Working Group on Bribery) in ihrem Evaluierungsbericht aus dem Jahr 2018 Deutschland empfohlen hat, dass in Auslandsbestechungsfällen „die Staatsanwaltschaft ihre Rolle bei der Einleitung von Ermittlungsverfahren und bei der Strafverfolgung gegen juristische Personen unabhängig von der ausführenden Gewalt umsetzt“ und wirtschaftliche oder politische Erwägungen darauf keinen Einfluss haben (OECD Working Group on Bribery, Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung – Bericht zu Phase 4 in Deutschland vom 14.6.2018, Empfehlung 2.c.). Die Weisungsunabhängigkeit wird allerdings nur für den Fall empfohlen, dass Deutschland das Opportunitätsprinzip bei der Unternehmenssanktionierung beibehalten und nicht (wie ebenfalls empfohlen) dafür das Legalitätsprinzip einführen sollte (s. zu den Hintergründen Burkhart/Busch, wistra 2022, 189, 193).

Der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung der Korruption vom 3.5.2023 (COM[2023] 234 final) sieht schließlich vor, dass die für die Korruptionsstrafverfolgung zuständigen Behörden (in Deutschland also die Staatsanwaltschaften) funktional unabhängig sein müssen (Art. 4[2][3][a]). Der Richtlinienvorschlag wird noch verhandelt und der Rat hat sich in seiner Allgemeinen Ausrichtung vom 14.6.2024 dafür ausgesprochen, dass anstelle einer funktionalen Unabhängigkeit vorgegeben wird, dass die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden „ohne unzulässige Einflussnahme arbeiten können und gegebenenfalls gemäß transparenten, durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegten Verfahren Entscheidungen treffen ... können“ (Ratsdokument 10247/24, Art. 4[3]; s. dazu Busch, wistra 2024, Heft 7, R8; s. auch Europäische Kommission, Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2024 – Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland vom 24.7.2024, SWD[2024] 805 final, S. 1, 5 f.).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder


Verlag C.F. Müller

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