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Hessen: Cum/Ex I

aus wistra 8/2024

Im hessischen Landtag wurde die Verurteilung „eines ehemaligen Top-Steueranwalts“ und eines ehemaligen Geschäftsführers der Maple Bank im Zusammenhang mit Cum/Ex-Geschäften durch die 24. Strafkammer des LG Frankfurt/M. thematisiert; diese werfe ernsthafte Fragen zur Wirksamkeit der staatlichen Aufsicht und der Rolle der Hessischen Landesregierung im Insolvenzverfahren der Maple Bank auf (Drs. 21/121). Der „Vorsitzende Richter“ – oder nicht vielleicht doch die Strafkammer als solche? – habe sich kritisch mit der Rolle des Landes Hessen im Insolvenzverfahren der Maple Bank auseinandergesetzt. Es sei in der mündlichen Urteilsbegründung darauf hingewiesen worden, dass trotz der durch den Insolvenzverwalter in Aussicht gestellten Insolvenzquote von 60 % bis 70 % das Land Hessen als einer der Hauptgläubiger „bis heute untätig geblieben“ sei.

Das Ministerium der Finanzen hält in einer Vorbemerkung fest:

„Hessen ist Vorreiter bei der Aufklärung des milliardenschweren Steuerbetrugs durch so genannte Cum-Ex-Geschäfte. Hessischen Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfern sind die bewusst zulasten des Gemeinwesens konstruierten Machenschaften 2009 erstmals aufgefallen. Die Hessische Steuerverwaltung hat daraufhin spezielle Ermittlungsgruppen aus erfahrenen Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern sowie Bankenprüfungsspezialistinnen und -spezialisten gebildet, um den Betrug systematisch aufzudecken. Hessen ist dabei erfolgreich: Von dem rund 1,5 Mrd. € hohen Steuerschaden in Hessen durch illegale Cum-Ex-Geschäfte hat das Land inzwischen mehr als zwei Drittel erfolgreich zurückgefordert.“

Das Urteil will das Ministerium ohne schriftliche Urteilsgründe nicht bewerten. Im Übrigen wird betreffend des Insolvenzverfahrens ausgeführt:

„Aufgrund des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung) kann im Einzelnen keine Auskunft gegeben werden. Das Steuergeheimnis erstreckt sich auf die gesamten persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person (personenbezogene Daten). Hierzu zählt auch das Verwaltungsverfahren selbst, die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maßnahmen, die vom Beteiligten getroffen wurden. So unterliegt auch dem Steuergeheimnis, ob und bei welcher Finanzbehörde ein Beteiligter steuerlich geführt wird, ob ein Steuerfahndungsverfahren oder eine Außenprüfung stattgefunden hat, wer für einen Beteiligten im Verfahren aufgetreten ist und welche Anträge gestellt worden sind. Das Steuergeheimnis gilt auch gegenüber Parlamenten. Insoweit können zu dieser Frage nur allgemeine Aussagen getroffen werden.

Das Regelinsolvenzverfahren dient dem Zweck einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger. Daher ist es der Finanzbehörde aus rechtlichen Gründen verwehrt, ihre zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Steuerbescheide bzw. sonstige Steuerverwaltungsakte zu realisieren (§ 89 InsO).

Die Durchsetzung der Insolvenzforderung erfolgt durch Anmeldung zur Insolvenztabelle. Das weitere Verfahren ist davon abhängig, ob der Insolvenzverwalter oder andere Gläubiger der Steuerforderung widersprechen oder nicht. Widerspricht der Insolvenzverwalter den angemeldeten Steueransprüchen nicht, gelten diese als festgestellt. Ansonsten erfolgt erforderlichenfalls die Feststellung der Insolvenzforderung durch einen Verwaltungsakt gem. § 251 Abs. 3 AO, bei dem es sich nicht um einen Steuerbescheid handelt. Eine Nachmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle für Besteuerungszeiträume, für die bereits ein festgestellter Tabelleneintrag vorliegt, ist dabei zulässig.

Das Finanzamt hat bisher alle erforderlichen Verfahrenshandlungen vorgenommen.“

 

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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