Aus wistra 1/2024
Im Rahmen eines parlamentarischen Vorgangs in Nordrhein-Westfalen wird darauf hingewiesen, dass im Jahr 2018 in Zusammenarbeit der Bereiche Innen, Justiz und Finanzen 58 Stellen geschaffen wurden, um eine schlagkräftige Sondereinheit aufzubauen. Diese „Task Force NRW“ setzte sich aus Steuerfahndern, Polizisten, Staatsanwälten und IT-Spezialisten zusammen und bestand im Jahr 2022 aus 18 Polizeibediensteten, 53 Personen aus dem Bereich der Steuerfahndung sowie zwei Oberstaatsanwälten und einer Staatsanwältin (Drs. 18/5987). Im Nachgang zu einer Information des Finanzministeriums vom 23.3.2023, wonach die Bekämpfung großer Fälle von Steuerkriminalität und Cybercrime sowie die Mitwirkung bei der Geldwäschebekämpfung künftig zentral im neuen Landesfinanzkriminalamt (LFK) erfolgen bzw. von dort koordiniert werden, gab es umfangreiche Fragen (Drs. 18/5491). Denn das neue LFK tritt organisatorisch neben die bisherigen Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFA-FÄ). Anders als die übrigen STRAFA-FÄ soll es nicht nur lokal bzw. regional zuständig sein, sondern landesweit große Fälle von Steuerkriminalität bekämpfen und verfolgen. Die in der ressortübergreifenden Task Force zur Bekämpfung von Finanzierungsquellen Organisierter Kriminalität und Terrorismus tätigen Ermittlerinnen und Ermittler aus der Steuerverwaltung sollen ebenso wie die Sondereinheiten der Steueraufsicht (ARES) und die Zentralstelle Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung (ZEUS) Teil des neuen Landesfinanzkriminalamts werden. Weitere Zuständigkeiten werden die zentrale Bearbeitung von Cum-Ex-Fällen, Kryptowährungen, die Bekämpfung von Cybercrime, die Bekämpfung des „Umsatzsteuerbetrugs“ und die Sanktionsdurchsetzung sowie deliktsübergreifende organisierte Kriminalitätsphänomene wie beispielsweise das „Hawala-Banking“ sein. Zum 1.1.2024 trat das LFK als elftes Amt neben die bestehenden Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen. Es bündelt seither im ersten Schritt die bisherigen Sondereinheiten der Steuerfahndung mit überregionalem Bezug wie die Task Force zur Bekämpfung von Finanzierungsquellen Organisierter Kriminalität und Terrorismus oder die Zentralstelle Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung.
Zur Task Force NRW wird angemerkt, dass diese einige Ermittlungserfolge erzielt hat. Exemplarisch wird aufgeführt:
„Ermittlungen der Task Force NRW zu organisiertem Handel mit qualitativ hochwertigem, aus dem Raum Neapel stammendem Falschgeld, mit gefälschten amtlichen Dokumenten, mit betrügerisch erlangten und unterschlagenen Miet- und Leasingfahrzeugen sowie Betäubungsmitteln, führten zur vorläufigen Sicherstellung mehrerer inkriminierter Fahrzeuge, einer nicht geringen Menge Kokain, einer Schusswaffe und etwa 160.000 Euro qualitativ sehr hochwertigen Falschgeldes. Bereits ein halbes Jahr nach der erstmaligen Ausgabe der neuen 100-Euro-Schein-Serie durch die Europäische Zentralbank im Mai 2019 konnte der erste gefälschte 100-Euro-Schein dieser Serie in ganz Europa sichergestellt werden. Im Mai 2021 fanden in enger Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden (Staatsanwaltschaft Neapel, Guardia di Finanza), Eurojust und Interpol umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen und Italien (Neapel) statt. Im Zuge der Maßnahmen konnten vier Tatverdächtige festgenommen werden. Gegen drei Personen wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der bandenmäßigen fortgesetzten Steuerhinterziehung eingeleitet. Ein im Rheinland ansässiger Kfz-Händler hatte einige der unterschlagenen Fahrzeuge veräußert. Zudem ergab sich der Verdacht, dass nicht sämtliche Fahrzeugverkäufe in der Buchführung ordnungsgemäß erfasst wurden. Bei Durchsuchungen wurden umfangreiche Beweismittel und ein Vermögen im Wert von ca. 313.000 Euro vorläufig sichergestellt.
In einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten (Hawala Banking) und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhängte das Landgericht Düsseldorf in 2021 gegen vier Angeklagte Haftstrafen zwischen einem Jahr und acht Monaten bis zu vier Jahren und zwei Monaten. Daneben wurde die Einziehung in Höhe von ca. 155 Millionen Euro angeordnet. Der Bundesgerichtshof entschied im Februar 2023 abweichend, dass lediglich nachweisbare Provisionszahlungen an die Beschuldigten eingezogen werden können. Neben der Einziehung von ca. 1,5 Millionen Euro konnte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zusätzlich Vermögenswerte in Höhe von ca. 8,7 Millionen Euro als Kundengelder sichern.
In einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, der schweren Steuerhinterziehung, der Veranstaltung illegalen Glücksspiels und der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen wurden im April 2023 125 Durchsuchungsbeschlüsse (Bundesrepublik Deutschland, Kroatien, Malta) und sechs Haftbefehle vollstreckt. Neben Arresten auf Basis der Abgabenordnung in Höhe von mindestens ca. 35 Millionen Euro konnten ca. 980.000 Euro vorläufig gesichert werden.“
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin