Aus wistra 8/2023
In den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ist der Antrag eingebracht worden, die Landesregierung aufzufordern,
1. ein Amnestiegesetz in den Landtag einzubringen, wonach alle Verstöße gegen Verordnungen zur Eindämmung des SARS-CoV‑2-Virus und die zu ihrer Durchsetzung verhängten und noch nicht vollstreckten Strafen und Geldbußen einer vollständigen Amnestie unterfallen. Darin enthalten sein müssen Rückzahlungspflichten von Amts wegen sowie auf Antrag für bereits gezahlte Geldbußen bzw. Strafzahlungen mit Corona-Bezug;
2. das zuständige Ministerium anzuweisen, sämtliche noch anhängige Straf- und Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit Verordnungen zur Eindämmung des SARS-CoV‑2-Virus gemäß dem Weisungsrecht nach § 146 des Gerichtsverfassungsgesetzes durch die bearbeitenden Staatsanwaltschaften ohne Auflagen einstellen zu lassen (Drs. 8/2225).
Es sei an der Zeit, den Mut zu haben, „Fehler einzugestehen und Maßnahmen zu ergreifen, um das staatlich begangene Unrecht wiedergutzumachen. Eine Amnestie für Corona-Verstöße und die Rückerstattung der Bußgelder sind notwendige Schritte, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten und das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen“. Ein solches Amnestiegesetz würde nicht nur symbolisch zeigen, dass staatliches Handeln während der Pandemie überprüft und korrigiert wird, sondern auch einen konkreten Beitrag zur Entlastung der Justiz und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes leisten.
Welche Bußgelder wegen Verstößen gegen die Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern verhängt worden sind, kann der Drs. 8/2031 entnommen werden.
Zahlen für Bayern sind unter Drs. 18 / 26036 veröffentlicht. Zur Verwendung entsprechender Gelder heißt es:
„Die Verwendung der geleisteten Bußgeldzahlungen erfolgt im Vollzug des Staatshaushalts für das entsprechende Jahr im Rahmen der durch den Landtag als Inhaber des Budgetrechts hierfür vorgegebenen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen. Die Staatsregierung ist für den Haushaltsvollzug als Teil der Exekutive zwingend an das jeweils einschlägige Haushaltsrecht gebunden.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) dienen grundsätzlich alle Einnahmen als Deckung der im Staatshaushalt veranschlagten Ausgaben (Grundsatz der Gesamtdeckung). Soweit auf Bußgelder in einer gerichtlichen Entscheidung erkannt wurde, werden sie im Einzelplan 04 (Kapitel – Kap. 04 04 Titel – Tit. 112 01) vereinnahmt. Im Übrigen werden die Bußgelder im Einzelplan 03 erfasst. Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs werden den Landkreisen und Gemeinden das jeweilige örtliche Aufkommen der von ihnen, den Landkreisen auch das jeweilige örtliche Aufkommen der von den Landratsämtern als Staatsbehörden erhobenen Geldbußen für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen überlassen. Die Einnahmen verbleiben also in den kommunalen Haushalten. Diese Einnahmen werden im Einzelplan 03 nur buchmäßig erfasst. Die Gegenbuchung erfolgt im Einzelplan 13.
Die vereinnahmten Bußgeldzahlungen fließen insgesamt neben anderen unterjährigen Haushaltsverbesserungen und -verschlechterungen, wie z.B. Mehrausgaben infolge überplanmäßiger Ausgaben, in das Ergebnis des Haushaltsvollzugs des entsprechenden Jahres ein. Eine isolierte Betrachtung des Verwendungszwecks von Einnahmen aus Bußgeldern ist damit aus haushälterischer Sicht nicht möglich.“
Auf die Frage, ob beabsichtigt sei, unrechtmäßig vereinnahmte Sanktionen wegen angeblicher Nichtbeachtung von Coronamaßnahmen zurückzuerstatten heißt es:
„Auf Antrag der Betroffenen sollen Geldbußen nach entsprechender Prüfung der zuständigen Stelle zurückgezahlt werden, wenn das mit der Geldbuße geahndete Verhalten nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht hätte untersagt werden dürfen“. Gleichzeitig wird ausgeführt: „Eine rechtliche Möglichkeit zur Wiederaufnahme besteht nach Auffassung der Staatsregierung nicht. Hierfür spricht auch eine Entscheidung des Obersten Landesgerichts (BayObLG, Beschluss vom 14.09.1962 – BWReg. 4 St 35/62 – Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1962, 2166). Auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kommt in der Regel nicht in Betracht, da es den Betroffenen grundsätzlich möglich war, sich gegen den Bußgeldbescheid zu wehren. Auf Antrag sollen Bußgelder in bestimmten Fällen zurückerstattet werden [...] Rechtsgrundlage hierfür ist das Gnadenrecht. Entsprechende Anträge werden demnach grundsätzlich als Gnadengesuche ausgelegt. Eine andere rechtliche Möglichkeit besteht nach Auffassung des Staatsministeriums der Justiz (StMJ) und des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) nicht. Das weitere Verfahren wird derzeit noch zwischen den beteiligten Ressorts und mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt.“
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin