Aus wistra 6/2023
Die „Wissenschaftlichen Dienste“ des Deutschen Bundestages haben zu dem Thema Straferlass für Steuerstraftaten ein Papier veröffentlicht (WD 4 – 3000 – 103/22). Es wird ausgeführt, dass der Straferlass bei Steuerstraftaten durch Selbstanzeige und Nachzahlung der Steuern in Deutschland durch unterschiedliche Instrumente geregelt wurde bzw. wird. Im Jahr 2004 und Anfang 2005 habe die zeitlich begrenzte Möglichkeit bestanden, durch eine strafbefreiende Erklärung Straffreiheit zu erlangen. Zudem bestehe dauerhaft die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO. Im Einzelnen heißt es:
„2. Gesetz zur strafbefreienden Erklärung vom 23. Dezember 2003
Das Gesetz zur strafbefreienden Erklärung vom 23. Dezember 2003 regelte einen umfassenden steuerrechtlichen Straferlass. Die Erklärung musste sich auf Steueransprüche, die nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Januar 2003 entstanden sind, beziehen. Wurde eine Erklärung abgegeben, die sich auf Steueransprüche vor dem 1. Januar 1993 bezog, war die Verfolgung dieser Steuerstraftaten auch ohne Steuernachzahlung ausgeschlossen. Für andere Straftatbestände wie insbesondere Geldwäsche ohne Bezug zu einer Steuerhinterziehung bestand keine strafbefreiende Wirkung. Zudem erloschen die von der Erklärung erfassten Steueransprüche.
2.1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Die strafbefreiende Erklärung konnte vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2005 abgegeben werden.
2.2. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
Grundsätzlich konnte jeder Täter einer Steuerstraftat in Deutschland eine strafbefreiende Erklärung abgeben. Der persönliche Anwendungsbereich war nicht auf bestimmte Personengruppen beschränkt. Sachlich waren Steuerstraftaten in Bezug auf die wichtigsten Steuerarten erfasst.
2.3. Höhe der nicht erklärten Einnahmen oder Vermögenswerte
Die Höhe der nicht erklärten Einnahmen oder Vermögenswerte, welche gegenüber der Finanzbehörde erklärt werden konnten, war nicht begrenzt.
2.4. Verfahren
Die strafbefreiende Erklärung war bei der zuständigen Finanzbehörde abzugeben. Hierfür stand ein amtlich vorgeschriebener Vordruck zur Verfügung, welcher eigenhändig unterschrieben werden musste.
2.5. Abgabenhöhe
Ging die Erklärung dem Finanzamt vor dem 1. Januar 2005 zu und wurde innerhalb von zehn Tagen die Abgabe geleistet, betrug diese Abgabe pauschal 25 % der erklärten Beträge. Bei einer späteren Erklärung und Zahlung innerhalb von zehn Tagen betrug die Abgabe 35 %. Dem lag eine teilweise reduzierte Bemessungsgrundlage zugrunde.
2.6. Folge bei nicht erfüllten Kriterien
Falls nach Abgabe der Erklärung und Zahlung der Abgabe festgestellt wurde, dass die betroffene Person die Kriterien des Gesetzes nicht erfüllte, wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Dabei konnten Gegenstände zur Beweissicherung beschlagnahmt werden. Zudem konnte das Kontoguthaben des Steuerschuldners für die zwangsweise Durchsetzung des Steueranspruchs in Bezug auf die hinterzogenen Steuern gepfändet werden.
3. Strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung
Die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung führt zu einer Straffreiheit bezüglich der Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung. Die Berichtigung muss dabei vollumfänglich sein. Voraussetzung für die Straffreiheit ist zudem die Nachzahlung der hinterzogenen Steuern sowie Zahlung der Hinterziehungszinsen. Die Selbstanzeige ist zeitlich nicht begrenzt. Sie ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Steuerhinterziehung nicht allein aufgrund der Selbstanzeige bekannt wird, sondern der Finanzbehörde bereits Hinweise auf diese Steuerhinterziehung vorliegen. Auch ist die Straffreiheit ausgeschlossen, wenn die verkürzte Steuer einen Betrag von 25.000 EUR je Tat übersteigt. Bei höheren Beträgen wird dennoch von der Verfolgung der Tat abgesehen, wenn der Steuerpflichtige zusätzlich einen Geldbetrag i.H.v. 10 bis 20 % der hinterzogenen Steuer (abhängig von der Höhe der Steuer) an den Staat zahlt (§ 398a Abgabenordnung).“
Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin