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EU-Kommission will härteres Vorgehen gegen Korruption

Aus wistra 3/2023

Bereits in ihrer „Rede zur Lage der Union“ vom 14.9.2022 hatte Kommissionspräsidentin von der Leyen die „Korruption mit all ihren Erscheinungsformen“ in den Fokus gerückt und für das Jahr 2023 Vorschläge zur Aktualisierung des EU-Rechtsrahmens für die Korruptionsbekämpfung angekündigt. Korruption untergrabe das Vertrauen in Institutionen, und man müsse sich dagegen „mit der ganzen Härte des Gesetzes zur Wehr setzen“. Über „klassische Straftaten wie Bestechung hinaus“ wolle man „schärfere Standards für Straftaten wie illegale Bereicherung, unerlaubte Einflussnahme und Machtmissbrauch einführen.“

Die Kommission hat zu dem Vorhaben inzwischen eine Öffentlichkeitskonsultation eingeleitet, die bis zum 17.2.2023 für Stellungnahmen offen war. Sie unterstreicht darin die erheblichen Auswirkungen von Korruption auf Wirtschaft und Gesellschaft. Korruption verhindere, dass öffentliche Politiken belastbar seien, und untergrabe das Vertrauen in demokratische Institutionen. Korruption sei eine Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit, insbesondere wenn sie genutzt werde, um „öffentliche Institutionen zu unterwandern, Entscheidungsträger zu beeinflussen und feindlichen Einfluss aus dem Ausland zu nehmen“. Die geplante Aktualisierung des EU-Rechtsrahmens solle „neben weiteren Verbesserungen auch dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) Rechnung“ tragen. Ziel sei es, dass „sämtliche Formen der Korruption in allen EU-Ländern unter Strafe gestellt, auch juristische Personen für solche Straftaten belangt und diese mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen geahndet werden“. Die Vorlage eines Vorschlags zur Aktualisierung des Rechtsrahmens sowie einer begleitenden Mitteilung ist für das zweite Quartal 2023 angekündigt.

Die von der Kommissionspräsidentin genannten „schärferen Standards für Straftaten wie illegale Bereicherung, unerlaubte Einflussnahme und Machtmissbrauch“ dürften sich auf die in UNCAC vorgesehenen Straftatbestände der „Unerlaubten Bereicherung“ (Art. 20 UNCAC), der „Missbräuchlichen Einflussnahme“ (Art. 18 UNCAC) und der „Missbräuchlichen Wahrnehmung von Aufgaben“ (Art. 19 UNCAC) beziehen. Alle drei Tatbestände sind nach dem Übereinkommen nicht verpflichtend, sondern ihre Schaffung wird den Vertragsstaaten nur zu erwägen gegeben. Art. 19 UNCAC („Missbräuchliche Wahrnehmung von Aufgaben“) ist im deutschen Recht umgesetzt (BT-Drucks. 18/2138, S. 82). Von der Umsetzung des Art. 20 UNCAC („Unerlaubte Bereicherung“) hat der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen abgesehen (BT-Drucks. 18/2138, S. 82). Denn unter Strafe zu stellen wäre danach die erhebliche Zunahme des Vermögens eines Amtsträgers, die dieser im Verhältnis zu seinen rechtmäßigen Einkünften nicht plausibel erklären kann. Einen Straftatbestand nach Art. 18 UNCAC („Missbräuchliche Einflussnahme“), der Zuwendungen an Personen pönalisiert, die zwar die von dem Gewährenden erstrebte (Dienst-)Handlung nicht selbst vornehmen können, die aber Einfluss auf den dafür zuständigen Amtsträger haben oder vorgeben zu haben, hatte der Gesetzgeber für nicht erforderlich gehalten. Strafwürdiges Unrecht werde durch die §§ 331 ff. StGB erfasst, die auch bei Annahme oder Gewährung von Vorteilen für Dritte anwendbar seien (BT-Drucks. 18/2138, S. 82). Aus Anlass der BGH-Entscheidung zur (fehlenden) Strafbarkeit der von Mandatsträgern vermittelten „Maskendeals“ (BGH v. 5.7.2022 – StB 7-9/22 = wistra 2022, 465) wird die Frage nach einem Tatbestand der „Missbräuchlichen Einflussnahme“ derzeit erneut gestellt (s. Bechtel, LRZ [E-Zeitschrift für Wirtschaftsrecht & Digitalisierung] 2023, Rz. 62 [99]; Kuhlen, JR 2022, S. 658 [663]; Zimmermann / Zimmermann, NJW 2022, 2804 [2806]).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

 


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