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Referentenentwurf eines Sanktionsdurchsetzungsgesetzes

Aus wistra 11/2022

Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz II)

BMF und BMWK haben am 19.10.2022 ihren gemeinsamen Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz II – SDG II) vorgelegt. Unter dem Mantel des Gesetzes soll ein neues Stammgesetz zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen der EU im Inland geschaffen werden (Sanktionsdurchsetzungsgesetz – SanktDG; Art. 1 SDG II-E) und sollen zahlreiche bestehende Gesetze geändert werden (Art. 2 bis 22; Art. 23 regelt das Inkrafttreten). Ziel des Gesetzes seien „strukturelle Verbesserungen bei der Sanktionsdurchsetzung und bei der Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland“, nachdem mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I (s. dazu Busch, wistra 2022, H. 7, R8) bereits kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Sanktionsdurchsetzung erfolgt seien (RefE, S. 1). Neben dem Stammgesetz mit seiner neuen Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung ist vor allem das im GwG vorgesehene Barzahlungsverbot bei Immobilienerwerb hervorzuheben. Ein solches Barzahlungsverbot sieht der Koalitionsvertrag vor und die Koalitionsfraktionen hatten es bereits bei den SDG I-Beratungen für das SDG II auf die Agenda gesetzt (BT-Drucks. 20/1892, S. 29; zu der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Bargeldobergrenze s. Gentzsch, BKR 2022, S. 693).
 

1. Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SanktDG-E, Art. 1 SDG II-E)

Das neue Stammgesetz schafft eine Bundeszuständigkeit für die Sanktionsdurchsetzung, die von einer neu einzurichtenden Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (Zentralstelle) ausgeübt werden soll (§ 1 SanktDG-E). Die Zentralstelle soll im BMF-Geschäftsbereich angesiedelt werden, um Synergieeffekte vor allem zwischen Sanktionsdurchsetzung und Geldwäschebekämpfung zu erzielen. Sie soll dabei zunächst an die Generalzolldirektion angegliedert und im späteren Verlauf in die vom BMF geplante Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (Bundesfinanzkriminalamt) überführt werden (RefE, S. 50). Der Zentralstelle sollen nach § 1 I SanktDG-E insbesondere folgende Aufgaben obliegen:

„1. die gefahrenabwehrrechtliche Ermittlung und Sicherstellung von im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindlichen Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen
a) bestimmter Personen oder Personengesellschaften, die ... [aufgrund einer EU-rechtlichen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme] einer Verfügungsbeschränkung unterliegen,
b) die von bestimmten Personen oder Personengesellschaften, die ... [aufgrund einer EU-rechtlichen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme] einem Bereitstellungsverbot unterliegen, kontrolliert werden sowie
c) die bestimmten Personen und Personengesellschaften im Sinne von Buchstabe b bereitgestellt werden oder bereitgestellt werden sollen,

2. die Überwachung der Einhaltung der Verfügungsbeschränkungen und Bereitstellungsverbote im Sinne der Nummer 1, soweit nicht nach § 13 des Außenwirtschaftsgesetzes die Deutsche Bundesbank oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zuständig sind,

3. die Führung des Registers nach § 14,

4. die Koordinierung der Sanktionsdurchsetzung mit den beteiligten Behörden im Inland sowie die Errichtung und der Betrieb einer Clearingstelle zur Koordinierung von Einzelfällen,

5. die Errichtung und der Betrieb der Hinweisannahmestelle nach § 15,

6. die statistische Informationsaufbereitung einschließlich der Erstellung einer jährlichen Statistik sowie

7. die europäische und internationale Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen im Rahmen der Aufgaben nach diesem Gesetz einschließlich des Daten- und Informationsaustauschs.“


a) Die bisher in §§ 9a ff. AWG geregelten Ermittlungs- und Sicherstellungsbefugnisse werden dazu in das SanktDG-E verlagert (§§ 2 ff. SanktDG-E). Neu ist insbesondere, dass die Sicherstellungsdauer nunmehr zwölf Monate beträgt (bisher: sechs Monate, § 9b II S. 1 AWG) und um weitere sechs Monate verlängert werden kann (§ 3 II 3 SanktDG-E). Zudem sollen Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen der Zentralstelle zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage von Unterlagen zukünftig bußgeldbewehrt sein (§ 2 II Nr. 1, § 17 SanktDG-E).

Die ebenfalls der Vermögensermittlung dienenden Melde- und Zusammenarbeitspflichten sanktionierter Personen werden in § 10 SanktDG-E neu geregelt. Die bisherige Meldepflichtvorschrift des § 23a AWG (s. dazu Busch, wistra 2022, H. 7, R8) wird aufgehoben (Art. 2 Nr. 9 SDG II-E). Meldungen sind gegenüber der Zentralstelle, der Bundesbank oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle abzugeben (§ 10 I Nr. 1, 3 SanktDG-E; Übergangsregelung in § 10 V SanktDG-E). Die Strafbewehrung der Meldepflicht erfolgt mit § 16 SanktDG-E nach Vorbild des bisherigen § 18 Vb AWG (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe) einschließlich einer Strafbefreiung bei Nachholen der Anzeige vor Tatentdeckung. Tatwerkzeug- und Tatobjekteinziehung sowie das Strafanwendungsrecht werden gleichlautend zu §§ 18 X, 20 AWG in §§ 16 II, 18 SanktDG-E geregelt. Anders als §§ 17, 18 AWG wird § 16 SanktDG-E nicht in den Katalog des § 76a IV StGB (selbständige Einziehung, s. dort S. 3 Nr. 5) aufgenommen; auch eine Versuchsstrafbarkeit wird anders als noch bei § 18 Vb AWG nicht mehr vorgesehen.

Die Meldepflicht nach § 10 I SanktDG-E entfaltet „nur insoweit eine eigenständige Regelungswirkung, als dass keine vorrangig zu beachtende EU-Meldepflicht besteht“, was derzeit mit Art. 9 II VO (EU) 269/ 2014 für die besonders weitreichenden EU-Russland-Sanktionen der Fall ist (RefE, S. 64; s. dazu Busch, wistra 2022, H. 10, R9) und jeweils vom Rechtsanwender auseinandergehalten werden muss. Auch die europäische Meldepflicht ist gegenüber der Zentralstelle zu erfüllen (§ 10 II SanktDG-E). Ihre Bewehrung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe soll zukünftig in § 18 Va AWG-E verortet werden (Art. 1 Nr. 6 Buchst. a SDG II-E). Ein strafbefreiendes Nachholen soll auch hier möglich sein (§ 18 XIII AWG-E). Die bisherige Versuchsstrafbarkeit entfällt (§ 18 VI AWG-E, Art. 1 Nr. 6 Buchst. c SDG IIE). Die europäische Meldepflicht wird für Deutschland erst zum 1.1.2023 in Kraft treten (s. Art. 9[5] VO [EU] 269/14), dann aber die nationale Meldepflicht überlagern. Daher sieht die Inkrafttretensregelung (Art. 23 SDG II-E) zur Vermeidung einer Strafbarkeitslücke vor, dass die Strafbewehrung der europäischen Anzeigepflicht in § 18Va, XIII AWG-E zu diesem Zeitpunkt in Kraft tritt.

Mit der Aufhebung von § 23a AWG entfällt zugleich die bußgeldbewehrte Meldepflicht für Logistikdienstleister (§§ 23a II, 19 III Nr. 2a AWG). Maßgeblich für Informationspflichten Dritter sind die europarechtlich unmittelbar geltenden Informationspflichten wie bspw. Art. 8 I VO (EU) 269/2014 (RefE, S. 64, 68).

Die Zentralstelle kann personenbezogene Vermögensermittlungen und vermögensbezogene Ermittlungen nach §§ 11, 12 SanktDG-E durchführen. Personenbezogene Ermittlungen können hinsichtlich gelisteter Personen und Personengesellschaften geführt werden. Die Betroffenen sind ggf. auf ihre noch nicht erfüllte Meldepflicht hinzuweisen. Der Zentralstelle stehen die Befugnisse nach § 2 SanktDGE zu (insbesondere Verlangen von Auskünften und Unterlagen, Vorladung und Vernehmung, Sicherstellung von Gegenständen, Betreten und Durchsuchen von Geschäftsräumen, Einsicht in Grundbücher und andere Register). Vermögensbezogene Ermittlungen können eingeleitet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vermögensgegenständen wegen ihrer Verbindung zu gelisteten Personen einer Verfügungsbeschränkung unterliegen oder wenn personenbezogene Ermittlungen kein Licht in die Eigentumsverhältnisse an einem Vermögensgegenstand gebracht haben (§ 12 I SanktDG-E). Für diese Ermittlungen kann die Zentralstelle ebenfalls von den Befugnissen aus § 2 SanktDG-E Gebrauch machen. Sowohl bei den personenbezogenen als auch bei Vermögensermittlungen muss die Zentralstelle alle sachdienlichen Informationen unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde übermitteln, wenn sich Hinweise auf das Vorliegen einer Straftat ergeben (§§ 11 VII, 12 VII SanktDGE).

Geregelt wird außerdem die Datenübermittlung an die Zentralstelle durch das Ausländerzentralregister (Art. 12, 13 SDG II-E), die Melderegister (Art. 14 SDG II-E), den Zollfahndungsdienst (Art. 18 SDG II-E), das Gewerbezentralregister (Art. 19 SDG II-E) und das Fahrzeugregister (Art. 20 SDG II-E).

b) Zur Überwachung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen weist § 9 I, II SanktDG-E der Zentralstelle die besonderen Befugnisse zu, die den zuständigen Behörden bereits heute nach § 23 AWG zustehen (insbesondere Anordnung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen, Teilnahme an Beratungen der Organe der Betroffenen, Betreten von Geschäftsräumen). Sie können genutzt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass gegen Bereitstellungs- oder Verfügungsverbote verstoßen worden ist oder ein solcher Verstoß unmittelbar bevorsteht. Nach § 9 III SanktDG-E kann die Zentralstelle Überwachungsmaßnahmen durch Dritte („Sonderbeauftragte“) durchführen lassen. Zur Übernahme solcher Aufgaben sollen „im Regelfall Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Unternehmensberatungen bzw. entsprechende Gesellschaften geeignet sein, die insbesondere über die erforderliche sanktionsrechtliche Expertise verfügen“ (RefE, S. 63).

c) Das nach § 14 SanktDG-E von der Zentralstelle zu führende Register soll Angaben enthalten zu gelisteten Personen und deren Vermögenswerten sowie zu Vermögenswerten, deren Eigentümer oder wirtschaftlicher Eigentümer sich nicht nach §§ 11, 12 SanktDG-E haben ermitteln lassen. Die Registereinträge werden im Internet veröffentlicht (§ 14 IV SanktDG-E).

d) Zu dem vorgesehenen Betrieb einer Clearingstelle zur Koordinierung von Einzelfällen trifft das Gesetz keine weiteren Regelungen. Nach § 2 III SanktDG-E arbeiten die Zentralstelle, die gem. § 13 AWG zuständigen Behörden sowie andere öffentliche Stellen zur Durchführung dieses Gesetzes zusammen, informieren und unterstützen sich gegenseitig.

Gerichte und Staatsanwaltschaften dürfen Informationen aus AWG-Strafverfahren nach § 7 SanktDG-E an die Zentralstelle übermitteln. Die Zentralstelle kann ihrerseits Daten für Zwecke der Strafverfolgung übermitteln (§ 6 I Nr. 2 SanktDG-E). Während einer projektbezogenen befristeten Zusammenarbeit kann die Zentralstelle insbesondere mit der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) gemeinsame Dateien errichten und den Informationsaustausch automatisieren (§ 5 III SanktDG-E). Sie ist zum Datenabgleich mit dem polizeilichen Informationsverbund (§ 29 I, II BKAG) berechtigt (§ 5 IV SanktDG-E).

e) Die Zentralstelle soll (nach dem Vorbild der EU-Hinweisgeberstelle) eine Stelle zur Annahme von Hinweisen auf Sanktionsverstöße einrichten (§ 15 I SanktDG-E). Der dabei nach § 15 II SanktDG-E vorgesehene Schutz der Identität von hinweisgebenden Personen gilt nicht, wenn eine Weitergabe der Information an Behörden und Gerichte im Kontext weiterer Ermittlungen oder nachfolgender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren auf Grund eines Gesetzes erforderlich ist oder die Offenlegung durch einen Gerichtsbeschluss oder in einem Gerichtsverfahren angeordnet wird. Hinweise können auch anonym abgegeben werden (§ 15 I 2 SanktDG-E). Repressalienverbot und Haftungsfreistellung finden sich in § 15 V SanktDG-E. Regelungen zur Hinweisbearbeitung und zu Folgemaßnahmen (wie etwa die Weitergabe von Hinweisen an die Strafverfolgungsbehörden) trifft das Gesetz nicht (zum ausführlichen Regelwerk des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes s. Busch, wistra 2022, H. 9, R9 und wistra 2022 H. 5, R8). Durch Rechtsverordnung können nähere Bestimmungen über Inhalt, Art, Umfang und Form der Hinweise von Verstößen erlassen werden (§ 15 VII SanktDG-E).

f) Der Informationsaustausch mit öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen anderer EU-Staaten ist in § 8 SanktDG-E geregelt und kann unter den gleichen Voraussetzungen wie mit inländischen Stellen erfolgen. Mit Stellen von Drittstaaten dürfen Informationen nur im Einzelfall und bei einem ausreichenden Datenschutzniveau ausgetauscht werden. Informationen aus Strafverfahren (§ 7 SanktDGE) dürfen nicht an Drittstaaten weitergegeben werden (§ 8 II 2 SanktDG-E).
 

2. AWG-Änderungen (Art. 2 SDG II-E)

Neben den oben (II.1.a) bereits genannten AWG-Änderungen sieht ein neuer § 5a AWG-E vor, dass eine Listung auf VN-Ebene im Inland automatisch für anwendbar erklärt wird. Damit sollen zeitliche Lücken bei der Umsetzung von VN-Neulistungen vermieden werden.
 

3. GwG-Änderungen (Art. 3 SDG II-E)

a) Bei Immobilienerwerb soll eine Barzahlung zukünftig verboten sein und die geschuldete Leistung nur noch mittels anderer Mittel als Bargeld, Kryptowerten oder Rohstoffen bewirkt werden können (§ 16a I GwG-E; Definition von Immobilien und Rohstoffen in § 1 VIIa bzw. XXXI GwG-E). Die Regelung gilt auch für Share Deals, wenn damit mehr als 25 % von Anteilen an einer Gesellschaft erworben werden, zu deren Vermögen mittelbar oder unmittelbar eine inländische Immobilie gehört (§ 16a I 2 GwG-E). Unter das Verbot soll nicht nur die Bargeldübergabe an den Verkäufer, sondern auch die Bargeldeinzahlung auf dessen Bankkonto fallen (RefE, S. 69). Auch Einzahlungen auf ein Bankkonto der Gerichtskasse sollen bei Zwangsversteigerungen von Immobilien zukünftig unzulässig sein (§ 49 III ZVG-E, Art. 21 SDG II-E). Der Notar soll die Beteiligten auf das Barzahlungsverbot hinweisen und dies in der Niederschrift vermerken (19a BeurkG-E, Art. 11 SDG II-E).

Wenn der Käufer entgegen dem Verbot doch mit Bargeld bezahlt, würde er an sich seine Leistung nicht zurückfordern können (§§ 815, 817 S. 2 BGB). Der Verkäufer könnte das Bargeld behalten und eine erneute, unbare Zahlung des Kaufpreises verlangen. Um dieses „unbillige Ergebnis“ zu verhindern, ordnet § 16 I 3 GwG-E an, dass §§ 815, 817 S. 2 BGB nicht anzuwenden sind und das Bargeld herausverlangt werden kann. Die in einer solchen Situation denkbare Aufrechnung der Forderung auf Rückzahlung des geleisteten Bargelds mit der noch offenen Kaufpreisforderung ist ausgeschlossen (RefE, S. 69, 70). 

Zur Überwachung des Barzahlungsverbots soll der Antrag auf Eintragung ins Grundbuch zukünftig einem grundsätzlichen Notarzwang unterliegen (§ 13 I GBO-E; Art. 15 Nr. 2 SDG II-E) und erst gestellt werden, wenn die Beteiligten gegenüber dem Notar die unbare Zahlung nachgewiesen haben (§ 16a III, IV GwG-E). Die Pflicht entfällt bei Beträgen unter 10.000 € (§ 16a VI 1 GwG-E) und gilt auch nicht bei Share Deals gem. § 16a I 2 GwG-E (RefE, S. 72). Als Nachweis sind insbesondere Zahlungsbestätigungen von Banken geeignet (§ 16a III 2 GwG-E), was elektronische Kontoauszüge und elektronische Zahlungseingangsbestätigungen einschließt (RefE, S. 71). Verringert sich der Kaufpreis nach erfolgter notarieller Beurkundung etwa infolge einer Minderung, so prüft der Notar auch insoweit die Schlüssigkeit der dargelegten Umstände (RefE, S. 71). Ändern die Vertragsparteien nach einer bindenden Auflassung den Kaufpreis, müssen sie das notariell beurkunden lassen, damit der Notar Kenntnis davon bekommt und seiner Prüfpflicht nachkommen kann (§ 16a II HS. 2 GwG-E, RefE, S. 70 f.). Ist bis auf einen Betrag von maximal 10.000 € die unbare Zahlung schlüssig nachgewiesen, so soll im Sinne einer Bagatellgrenze der schlüssige Nachweis insgesamt als erbracht gelten (§ 16a IV 2 GwG-E, RefE, S. 72).

Hat der Notar die Schlüssigkeit des Nachweises festgestellt, darf er den Eintragungsantrag stellen (§ 16a IV 2 Nr. 1 Buchst. a GwG-E). Aber auch wenn es an einem schlüssigen Nachweis fehlt, darf der Eintragungsantrag gestellt werden (keine Vollzugsperre); der Notar muss dann aber zuvor eine Geldwäscheverdachtsmeldung abgeben und die 3-Tages-Frist des § 46 GwG abwarten (§ 16a IV 2 Nr. 1 Buchst. b Nr. 2 GwG-E). Ein entsprechender Meldetatbestand soll in der GwGMeldV-Immobilien noch geschaffen werden (RefE, S. 71).

Der an die Eintragung gekoppelte Nachweismechanismus funktioniert nicht, wenn die Zahlung erst nach bereits erfolgter Eintragung fällig wird. Entsprechende Vorleistungsvereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung (was § 16a II HS 1 GwG-E klarstellt; RefE, S. 70) und der Notar hat in diesen Konstellationen die Schlüssigkeit des Nachweises „innerhalb angemessener Zeit nach Fälligkeit“ zu prüfen. Für den Fall, dass ein schlüssiger Nachweis ausbleibt, soll wiederum ein Meldetatbestand in die GwGMeldV-Immobilien eingefügt werden. Die Prüfpflicht entfällt, wenn die Gegenleistung erst zwei Jahre nach Eintragung zu erbringen sein sollte (§ 16a IV 4 GwG-E).

Auf Rechtsgeschäfte, die vor dem 1.4.2023 geschlossen wurden, findet das Barzahlungsverbot keine Anwendung (§ 59 XI GwG-E).

b) Eine Verknüpfung von Immobiliendaten mit dem Transparenzregister sehen §§ 19a, 19b GwG-E vor. Danach sollen im Transparenzregister zukünftig auch Angaben zu Immobilien zugänglich sein. So soll der Registerauszug Angaben zum zuständigen AG, zum Grundbuchbezirk, zur Nummer des Grundbuchblattes und allen im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes eingetragenen Grundstücken, jeweils mit Gemarkung, Flur und Flurstück enthalten. Ergänzt werden diese Daten um Angaben zu Art und Umfang der eigentumsoder teileigentumsrechtlichen Beziehung zum Grundstück sowie zu Beginn und Ende der rechtlichen Beziehung. Die Grundbuchämter sollen die dazu erforderlichen Daten zu allen bei ihnen geführten Grundbuchblättern an das Transparenzregister übermitteln und aktualisieren. Die Übermittlung soll „elektronisch in einem strukturierten Datenformat auf Basis bereits elektronisch verfügbarer strukturierter Metainformationen“ erfolgen (§ 19b GwG-E).

Das Transparenzregister kann Grundbuchdaten allerdings nur dann zuordnen, wenn eine immobilienbesitzende Gesellschaft auch tatsächlich im Transparenzregister eingetragen ist. Damit dies auch bei ausländischen Gesellschaften gewährleistet ist, sind nach § 20 I 2 GwG-E ausländische Gesellschaften mit Immobilieneigentum in Deutschland zukünftig zur Eintragung in das Transparenzregister verpflichtet. Bisher galt dies nur für Neuerwerbsfälle. Die Änderung dehnt diese Pflicht – auch in Bezug auf den Erwerb im Rahmen des sog. Share Deals – auf die Bestandsfälle aus (RefE, S. 73).

c) Nach § 19c GwG-E sollen Notare bei Beurkundung von Gründungs- oder Änderungsakten von Vereinigungen (§ 20 GwG) und Rechtsgestaltungen (§ 21 GwG) unverzüglich dem Transparenzregister den wirtschaftlich Berechtigten mitteilen. Für die Vereinigung bzw. Rechtsgestaltung ist die Mitteilungspflicht damit erledigt (§ 19c III GwG-E). Die Vereinigungen bzw. Rechtsgestaltungen müssen dem Notar die notwendigen Angaben mitteilen, der ansonsten die Beurkundung abzulehnen hat (§ 19c II 1, 5 GwG-E). Der Notar muss vor Beurkundung die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten anhand einer Dokumentation der Eigentums- und Kontrollstruktur auf ihre Schlüssigkeit überprüfen (§ 15 II GwG-E). Auf Verlangen ist diese Dokumentation auch der FIU sowie den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung zu stellen (§ 19c III 4 GwG-E).

Auch vom Transparenzregister erstellte Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten können zukünftig insbesondere an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden (§ 23 I 3 GwG-E).

d) Kann kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, gilt nach § 3 II 5 GwG „der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner“ als wirtschaftlich Berechtigter („fiktiver wirtschaftlich Berechtigter“). Bei einer entsprechenden Eintragung im Transparenzregister bleibt bisher offen, ob sie erfolgt, weil es tatsächlichen keinen wirtschaftlich Berechtigten gibt (was etwa bei „Streueigentum“ der Fall ist) oder weil wegen fehlender Informationen der wirtschaftlich Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte (was ein risikorelevanter Unterschied ist). Welcher dieser beiden Fälle vorliegt, soll nun angegeben werden müssen (§ 19 III GwG-E).
 

4. Änderungen von KWG (Art. 4 SDG II-E), ZDAG (Art. 5 SDG II-E), VAG (Art. 6 SDG-E), WpIG (Art. 7 SDG II-E), WpHG (Art. 8 SDG II-E), KAGB (Art. 9 SDG II-E), FinDAG (Art. 10 SDG II-E)

Mit den Ergänzungen in den Finanzaufsichtsgesetzen soll in allen Finanzaufsichtsbereichen für natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, die selbst in einer EU-Sanktionsliste aufgeführt sind, künftig eine Fiktion der Unzuverlässigkeit greifen.

Für solche Personen, die für sanktionierte natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften tätig sind oder deren Interessen wahrnehmen, soll hingegen nur eine Regelfiktion der Unzuverlässigkeit gelten, die die Darlegung von Ausnahmegründen ermöglicht. Mit diesen Regelungen soll es der Aufsichtsbehörde ermöglicht werden, Verstößen gegen und Umgehungen von EU-Sanktionen durch beaufsichtigte Unternehmen effektiv entgegenzutreten. Zugleich soll die Integrität des Finanzmarktes vor einer typischen Gefahrenlage bei Funktionsträgern und Anteilseignern von beaufsichtigten Unternehmen, die selbst auf einer EU-Sanktionsliste stehen oder für ein sanktioniertes Unternehmen tätig sind, geschützt werden. Bei diesen Personen ist wegen der Sanktionierung oder wegen der Gefahr einer Einflussnahme durch eine sanktionierte Person typischerweise zu befürchten, dass sie ihre Aufgaben bei dem beaufsichtigten Unternehmen nicht ordnungsgemäß ausüben können (RefE, S. 52).

Der Gesetzentwurf wurde 26.10.2022 vom Bundeskabinett mit einigen Änderungen als Regierungsentwurf beschlossen und für besonders eilbedürftig erklärt; dazu im nächsten Heft.

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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