Aus wistra 7/2022
Das Ministerium für Finanzen des Landes Baden-Württemberg hat vor geraumer Zeit ein „Anonymes Hinweisgeberportal“ freigeschaltet. Dieses Portal soll den Bürgern des Landes „einen sicheren und anonymen Kommunikationsweg“ bieten, um Verstöße gegen Straf- und Steuergesetze anzuzeigen. Durch vorgegebene Pflichtfelder erwartet man sich mehr qualifizierte Angaben und dadurch eine Steigerung der Qualität anonymer Anzeigen. Dies führte nun auch in Hessen zu parlamentarischen Nachfragen.
Aus fachlicher Sicht hält die dortige Landesregierung die Einrichtung eines anonymen Hinweisgeberportals für Steuerstraftaten nicht für erforderlich. Bereits heute erreiche die Hessische Finanzverwaltung eine Vielzahl anonymer Anzeigen und Hinweise zu Steuerstraftaten. Diese können formlos an alle Dienststellen der Hessischen Finanzverwaltung gerichtet werden. Zudem stünden über den Internetauftritt der hessischen Finanzämter und des Hessischen Ministeriums der Finanzen bereits Kontaktformulare für eine Anzeigeerstattung (online) zur Verfügung. Obgleich „Name“ und „E-Mail-Adresse“ Pflichtfelder der Kontaktformulare darstellen, sei die Anonymität der Hinweisgeber gegenüber Dritten grundsätzlich auch bei Kenntnis dieser Angaben sichergestellt. Auch wenn derzeit kein Bedarf für die Schaffung eines Meldeportals eigens für anonyme Anzeigen bestehe, schließe die Landesregierung die Einführung eines solchen nicht gänzlich aus. Insbesondere wer die durch das Hinweisgeberportal geschaffene Möglichkeit, mit anonymen Bürgern hinsichtlich etwaiger Rückfragen Kontakt aufzunehmen, als sinnvoll und zielführend erachtet. Gleichwohl bleibe mit Blick auf Baden-Württemberg abzuwarten, ob und inwieweit Hinweisgeber weitere Auskünfte geben (können) und von welcher Qualität diese sind (Drs. 20/6300).
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin