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„Cum/Ex-Steuerraub“

Aus wistra 4/2022

Sprachlich durchaus drastisch wurde im Landtag Bayerns nach steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren bzw. Verdachtsfällen gefragt. Das zuständige Staatsministerium weist in seiner Antwort darauf hin, dass eine allgemein gültige oder juristische Definition des Begriffs „Cum-Modelle“ nicht existiert. Die Antworten bezögen sich daher auf Verfahren im Zusammenhang mit Cum/Ex-, Cum/Cum- und sog. Cum/Fake-Gestaltungen. Dabei würden Cum/Fake-Gestaltungen als Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Handel von vorläufigen Hinterlegungsscheinen auf deutsche Aktien (sog. Pre-Release ADRs) auf dem US-Kapitalmarkt verstanden (Drs. 18/18066).

Aussagen über endgültig verbleibende, zu Unrecht erstattete bzw. zu Unrecht angerechnete Kapitalertragsteuerbeträge sind dem Staatsministerium aktuell nicht möglich, da sich eine Vielzahl von Fällen noch in der Bearbeitung durch die Finanzverwaltung oder in Rechtsbehelfsverfahren befindet und die Entdeckung von neuen Fällen nicht ausgeschlossen werden kann. Nach derzeitigem Erkenntnisstand werde geschätzt, dass in Bayern Kapitalertragsteuer inkl. Solidaritätszuschlag i.H.v. insgesamt rund 732,5 Mio. EUR zu Unrecht erstattet, zu Unrecht angerechnet bzw. eine Erstattung bzw. Anrechnung zu Unrecht beantragt wurde. Davon hätten die Landesfinanzbehörden bereits in zehn Fallkomplexen Kapitalertragsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) i.H.v. insgesamt rund 361 Mio. EUR zurückgefordert, wovon rund 347 Mio. EUR bereits von Steuerpflichtigen zurückbezahlt wurden, und in zwei Fallkomplexen die beantragten Erstattungen bzw. Anrechnungen der Kapitalertragsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) i.H.v. insgesamt rund 100 Mio. EUR verweigert wurden. Bzgl. der übrigen Fallkomplexe dauerten die Ermittlungen weiter an.

Aufgrund des Steuergeheimnisses sei eine Untergliederung nach einzelnen Fallkomplexen und Jahren nicht möglich, da ansonsten die Identifikation einzelner Steuerpflichtiger nicht ausgeschlossen wäre. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass in dieser Bezifferung Fälle mit indirekter Beteiligung an Cum/Ex-Gestaltungen (z.B. Aktienverleiher und Depotbanken, aus deren Handlungen kein direktes Steuerausfallrisiko generiert wurde) sowie Fälle, bei denen nach anfänglichen Verdachtsmomenten in der Fallauswahl die Ermittlungen keine Hinweise auf steuerschädliche Cum/Ex-Geschäfte ergaben, nicht enthalten sind.

Zum Personaleinsatz wird zur Cum/Ex-TaskForce Folgendes mitgeteilt: Zum Zeitpunkt der Einsetzung der TaskForce als spezielle Ermittlungsgruppe der Betriebsprüfung habe der größte Arbeitsanfall geherrscht, da dort bayernweit flächendeckende Fallfilterungen, Fallsichtungen und Prüfungsvorbereitungen vorgenommen wurden. Danach sei die TaskForce zur Bearbeitung von Verdachtsfällen übergegangen. Diese sei entweder selbst durch die TaskForce erledigt oder nach und nach – sofern sich ein strafrechtlicher Anfangsverdacht ergab – an SF 19 zur weiteren Bearbeitung übergeben worden. Erwartungsgemäß habe sich der Arbeitsanfall weg von der Betriebsprüfung hin zur Steuerfahndung verlagert. Zu Zeiten der größten Arbeitsbelastung haben der Cum/Ex-TaskForce 24 Beamte mit einem VZÄ von 24,0 zur Verfügung gestanden. Mit abnehmender Arbeitsbelastung sei die Größe der TaskForce sukzessive auf zehn Beamte reduziert worden. Losgelöst von dem derzeitigen (geringeren) Arbeitsanfall könnten die weiterhin der TaskForce zugewiesenen Beschäftigten bedarfsbezogen jederzeit wieder mit einem höheren Arbeitszeitanteil eingesetzt werden.

Der Personaleinsatz beim Sachgebiet SF 19 stellt sich wie folgt dar:

  • 1 Sachgebietsleiter in Vollzeit
  • 11 Prüferinnen und Prüfer in Vollzeit (hiervon sind zwei Prüfer im Durchschnitt jeweils an 20 Tagen im Jahr als Dozenten an der Landesfinanzschule tätig)
  • 1 Prüferin mit einem Arbeitszeitanteil von 0,9
  • 1 Fahndungshelferin in Vollzeit
  • 1 IT-Fahndungsprüfer auf Abruf und bei Bedarf

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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