Aus wistra 9/2021
Im Bundestag wurde gefragt, wie der gegenwärtige Umsetzungsstand der Projekte zur Künstlichen Intelligenz im Bereich des Zolls und des Bundeszentralamts für Steuern ist. In ihrer Antwort hierzu weist die Bundesregierung auf folgende Punkte hin (BT-Drucks. 19/30278):
Bereich Zollverwaltung (in vier Anwendungsbereichen Software im Einsatz oder in der Entwicklung, deren Algorithmen Elemente künstlicher Intelligenz beinhalten)
„Gewerblicher Rechtsschutz:
Für die Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz soll ein Proof of Concept zur Plagiatserkennung unter Einsatz von künstlicher Intelligenz erstellt werden. Es wird untersucht, inwieweit das dort eingesetzte IT-Verfahren ZGR-online (Zentrales Datenbanksystem zum Schutz Geistiger Eigentumsrechte online) durch ein selbstlernendes System optimiert werden kann, um die Beschäftigten bei der Bildrecherche und Bildanalyse zu unterstützen. Gegenwärtig werden in dem Projekt die Anforderungs- und Lösungskonzepte erstellt. Die Realisierung beginnt im 2. Halbjahr 2021 und soll im Jahre 2022 abgeschlossen werden.
Chat- und Voicebots in der Zentralen Auskunft: Im Rahmen des ressortübergreifenden Programms der Dienstekonsolidierung Bund nimmt die Zentrale Auskunft der Zollverwaltung die Aufgabe der Fachverantwortlichen Stelle für den zu realisierenden Basisdienst ‚Chatbots‘ wahr. Zudem wurde die Zentrale Auskunft der Zollverwaltung als sogenannter ‚Experte für Unternehmen‘ qualifiziert und fungierte als Pilotprojekt (‚Expertenbot Zoll‘) für das gesamte Ressort Bundesministerium der Finanzen (BMF). Hierbei wurden bisher der Chatbot LinA (Lernende, intelligente, nutzerfreundliche Auskunftsanwendung) für Fragen rund um die Kraftfahrzeugsteuer und die Internet-Verbrauch- und Verkehrsteuer-Anwendung (IVVA) sowie der BrexitBot zur Beantwortung von Fragen zu dem in Deutschland geltenden Recht rund um die Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU entwickelt.
Bei den Chatbots handelt es sich um virtuelle Dialogassistenten, die basierend auf Elementen der Künstlichen Intelligenz (KI) anhand von Wahrscheinlichkeitsparametern die Frageabsicht bzw. den Inhalt der gestellten Frage prüfen und danach einen geeigneten fachlichen Inhalt zur Beantwortung der Anfrage auswählen. Die zugrundeliegende KI-Komponente bildet sich dabei basierend auf den Anfragen im Chatbot selbst kontinuierlich weiter um die Antwortsicherheit stetig zu verbessern.
Die beiden Chatbots stehen seit November und Dezember 2020 auf www.zoll.de zur Verfügung, um die Zentrale Auskunft der Zollverwaltung insbesondere in Spitzenzeiten zu entlasten und gleichzeitig die Erreichbarkeit und damit die ‚Kundenzufriedenheit‘ zu erhöhen.
Aufbauend auf den bereits vorhandenen Funktionalitäten des Chatbots LinA ist eine Erweiterung durch eine Voice-Komponente vorgesehen, sodass alle Antwortergebnisse des Chatbots auch bei der telefonischen Auskunftserteilung verwendet werden können. Hierbei wird LinA die mündlich gestellten Fragen in Textphrasen umwandeln, damit diese dann durch die KI-Komponente des Chatbots verarbeitet werden können. Über eine Sprachtranskription und Text-to-Speech-Umwandlung formuliert das System anschließend in umgekehrter Richtung gesprochene Antworten.
Financial Intelligence Unit (FIU): Für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung kommt in der FIU seit Ende 2020 in einer ersten Ausbaustufe das KI-Modul ‚FIUAnalytics‘ zum Einsatz. Durch eine automatisierte Vorbewertung der Verdachtsmeldungen unterstützt das System die Analystinnen und Analysten bei der Identifikation relevanter Sachverhalte. Die Funktionalität der KI wird im Rahmen der weiteren IT-Fortentwicklung der FIU kontinuierlich evaluiert und erweitert.
Risikoanalyse bei Zollverfahren: Im Bereich der Risikoanalyse bei Zollverfahren (Projekt ZERBERUS) soll durch eine IT-gestützte Verknüpfung und Verarbeitung aller relevanten Datenquellen das Risikomanagement weiter optimiert werden. Elemente der KI gibt es bereits in Form neuronaler Netze und einer KI-basierten Dublettenprüfung zur Identifizierung der Wirtschaftsbeteiligten. Das Ziel ist dabei, durch das Erkennen risikoarmer Sachverhalte die Effizienz der Warenabfertigung zu erhöhen und durch das gleichzeitige Erkennen von Sachverhalten mit hohem Risiko die Sicherheit zu steigern. Gegenwärtig werden weitere Einsatzmöglichkeiten für KI geprüft, um Informationen und Leistungen noch zielgerichteter, passgenauer und niedrigschwelliger für Bürgerinnen und Bürger sowie verwaltungsintern bereitzustellen. Die bereits im Einsatz oder in der Erprobung befindlichen KI-Applikationen werden zudem stetig fortentwickelt.“
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin