Aus wistra 9/2021
Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaft mit der Zollverwaltung
Die sog. Wegzugsbesteuerung verfolgt das Ziel, das Steuersubstrat auch dann zu wahren, wenn sich der Steuerpflichtige durch den Wegzug dem Zugriff des deutschen Staates „entzieht“, wird einleitend im Rahmen eines parlamentarischen Vorgangs angemerkt (BT-Drucks. 19/30326). Allerdings greife die Wegzugsbesteuerung auch in solchen Fällen ein, in denen der deutsche Besteuerungszugriff nicht gefährdet ist. Erfasst sind von der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 AStG natürliche Personen, die für mindestens zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren und Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG sind. Die Veräußerung dieser Anteile durch einen unbeschränkt Steuerpflichtigen unterliegt der deutschen Besteuerung. Wird dieser Besteuerungszugriff des Fiskus vor der Veräußerung beschränkt, z.B. indem der Steuerpflichtige seinen Aufenthaltsort ins Ausland verlegt und damit die steuerliche Entstrickung erwirkt, so wird die Veräußerung fingiert (§ 6 Abs. 1 S. 1 AStG). Neben diesem Grundtatbestand greift die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG auch bei folgenden Ergänzungstatbeständen ein (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AStG): die teilweise unentgeltliche Übertragung auf nicht unbeschränkt Steuerpflichtige, die Begründung der Ansässigkeit in einem anderen DBA-Staat (sog. Doppelansässigkeit), die Einlage in das Betriebsvermögen in einem anderen Vertragsstaat und der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Veräußerungsgewinns in sonstigen Fällen. Soweit sich der Steuerpflichtige nur vorübergehend, also maximal fünf Jahre, im Ausland aufhält, entfällt der Steueranspruch nach § 6 Abs. 3 AStG unter der Voraussetzung, dass die Anteile nicht veräußert worden sind. Wer – warum auch immer – gehen will, der geht vielleicht auch „gerne“ ohne nachlaufende steuerliche Pflichten; entsprechende Sachverhalte können daher vielfach auch ein nicht zu unterschätzendes sanktionsrechtliches
Risikofeld haben.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin