Aus wistra 9/2021
Der III. Senat hat entschieden, dass die als Sonderausgaben abziehbaren Kindergartenbeiträge um die dazu geleisteten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen sind.
Die verheirateten Kläger zahlten für die Betreuung ihrer minderjährigen Tochter einen Kindergartenbeitrag in Höhe von 926a. Zugleich erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss in Höhe von 600 a. Das Finanzamt kürzte die von den Klägern mit ihrer Einkommensteuererklärung in voller Höhe geltend gemachten Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg, was der BFH nun bestätigt hat.
Nach §10 Abs.1 Nr.5 Satz 1 EStG können Kinderbetreuungskosten und damit auch Kindergartenbeiträge unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Sonderausgaben setzen nach der gesetzlichen Regelung aber Aufwendungen voraus. Nach Ansicht des BFH dürfen als Sonderausgaben daher nur solche Ausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Gewähre der Arbeitgeber einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss zu den Kinderbetreuungskosten (§ 3 Nr. 33 EStG), werde die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen in diesem Umfang gemindert. Damit würden auch unberechtigte Doppelbegünstigungen vermieden. Die Kürzungen der Sonderausgaben um die steuerfreien Arbeitgeberleistungen erfolge gleichermaßen bei verheirateten als auch bei unverheirateten Elternteilen. (Beschl. v. 14.4.2021 – III R 30/20).
Nach einem Beschluss des V. Senats kann ein englisches Universitäts-College einer Stiftung nach deutschem Recht entsprechen und wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftsteuer befreit sein.
Das klagende College wurde im 16. Jahrhundert mit königlicher Erlaubnis als „immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste“ errichtet. Als Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks erzielte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland, die das Finanzamt der Körperschaftsteuer unterwarf. Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht im ersten Rechtsgang und nach Aufhebung des Urteils und Zurückweisung der Sache durch den BFH auch im zweiten Rechtsgang statt.
Die erneute Revision des Finanzamts hat der BFH nun mit der Begründung zurückgewiesen, dass das College seiner Organisation und Struktur nach in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer deutschen Stiftung vergleichbar sei und sowohl nach seiner Satzung als auch der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen Zwecken (Förderung der Wissenschaft, der Forschung und der Religion) diene. Dem formellen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrechts wegen fehlender Satzungsregelungen über die Verwendung des Vermögens im Falle der Auflösung des Colleges hat der BFH keine Bedeutung beigemessen, weil die Klägerin sich mit Erfolg auf eine Ausnahmeregelung für staatliche beaufsichtigte Stiftungen berief und das Finanzgericht festgestellt hatte, dass die Maßnahmen und Befugnisse der englischen Aufsichtsbehörde („Charity Commission“) in ihren wesentlichen Zügen mit der deutschen Stiftungsaufsicht nach jeweiligem Landesrecht vergleichbar seien.
Ohne Erfolg rügte das Finanzamt zudem, die Satzung aus dem 16. Jahrhundert enthalte keine nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht erforderlichen Bestimmungen, dass das College ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienen und keine sonstigen (eigennützigen) Ziele verfolgen dürfe. Das Finanzgericht habe die Satzung nachvollziehbar dahingehend gedeutet, dass die Aufzählung der vom College verfolgten gemeinnützigen Zwecke bei verständiger historischer Auslegung das Gebot der Ausschließlichkeit in sich selbst trage. Die Auslegung der Satzung eines englischen Colleges werde im Revisionsverfahren nur darauf überprüft, ob die vom Finanzgericht vorgenommene Auslegung ohne Verfahrensverstoß zustande gekommen ist oder gegen allgemeine Denkgesetze verstoße; eine eigene Würdigung der Satzung durch den BFH erfolge nicht (Beschl. v. 24.3.2021 – V R 35/18).
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin