Aus wistra 4/2021
Die Bundesregierung weist in einem parlamentarischen Vorgang darauf hin, dass sie Prüfungen der Finanzbehörden zu Cum/Cum-Gestaltungen noch nicht abgeschlossen sind. Der Ermittlungsaufwand sei mit den Ermittlungen zu Cum/Ex-Gestaltungen vergleichbar, so dass nicht mit einem kurzfristigen Abschluss der Ermittlungen zu rechnen sei. Bei Cum/Cum-Gestaltungen betrage das Volumen an geprüften Anrechnungs- bzw. Erstattungssummen 1,5 Mrd. EUR. Da es sich um laufende Vorgänge handelt, seien die endgültigen Steuerauswirkungen nicht abschätzbar (BT-Drucks. 19/25340).
Um zukünftig neue Gestaltungen zur Umgehung der Dividendenbesteuerung zu verhindern, enthält der Referentenentwurf des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) – so wird weiter ausgeführt – eine Erweiterung des Umfangs der auf Steuerbescheinigungen zu Kapitalerträgen aus girosammelverwahrten Wertpapieren auszuweisenden Angaben und die Regelung der elektronischen Übermittlung dieser Angaben an die Finanzverwaltung. Durch die zusätzlich erhobenen Daten soll der Finanzverwaltung die Prüfung der Berechtigung zur Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer und die Aufklärung möglicher Gestaltungen erleichtert werden. Die vom Bundesrechnungshof (BRH) vorgeschlagene Lösung, die verschiedenen gesetzlich vorgesehenen Entlastungen bei Inländern wie Ausländern bereits bei der Abführung der Abzugsteuern zu berücksichtigen (z.B. nach dem sog. TRACE-Modell) würde den Gestaltungsmissbrauch im Rahmen der Abführung der Abzugsteuern nicht ausschließen. Den mit der Abführung der Kapitalertragsteuer betrauten Finanzinstituten obläge die Pflicht zur Prüfung ihrer Kunden auf Abkommensberechtigung sowie zur Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen. Den Finanzbehörden bliebe dagegen nur die Möglichkeit einer nachträglichen, zeitlich stark verzögerten Überprüfung. Außerdem würden alle im Inland zur Abführung verpflichteten Personen mit umfangreichen steuerlichen Prüfungs- und Haftungspflichten belastet.
Gefragt nach einem Ressourcenausbau bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung führt die Bundesregierung aus, dass nach dem Grundgesetz für den Steuervollzug und die Strafverfolgung grundsätzlich die Länder zuständig sind. Die Länder würden daher in ihrer eigenen Zuständigkeit entscheiden, wie sie ihre Ressourcen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung einsetzen und ausbauen. Deshalb lägen der Bundesregierung keine Erkenntnisse hinsichtlich Planung und Budget der Länder vor.
Im Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sei die Aufgabe „Prävention gegen Steuergestaltungsmodelle“ durch folgende Maßnahmen realisiert worden:
- Die Einrichtung der neuen Sondereinheit zur Bekämpfung von kapitalmarktbezogenen Steuergestaltungen wurde schnell umgesetzt. Die Sondereinheit mit direkter Zuordnung zur Präsidentin des BZSt unterteilt sich in die beiden Gruppen „Kapitalmarkt“ und „Internationaler Informationsaustausch“. Durch eine enge Zusammenarbeit dieser Teilbereiche innerhalb der Sondereinheit sollen Synergieeffekte genutzt werden. Die Bündelung unter einem Dach und eine enge Verzahnung der einzelnen Aufgaben stellt sicher, dass damit eine schlagkräftige Einheit geschaffen wird. Alle Arbeitsbereiche, die im Bereich der Kapitalertragsteuer mit der Bekämpfung von Steuergestaltungen am Kapitalmarkt (z.B. Informations- und Analysezentrum, Strafsachen- und Bußgeldstelle, Arbeitsbereich Cum/Ex) befasst sind, wurden in der Gruppe „Kapitalmarkt“ zusammengefasst.
- Im Bereich der Kapitalmarktgestaltungen hat das neu eingerichtete Informations- und Analysezentrum (IAZ) eine besondere Bedeutung. Es hat seine Tätigkeit zum 1. März 2020 aufgenommen und übernimmt eine koordinierende und unterstützende Funktion bei der Aufklärung bekannter Steuergestaltungen am Kapitalmarkt sowie eine koordinierende Funktion bei der Prävention von kapitalmarktbezogenen Steuergestaltungen, wozu auch mögliche Gestaltungen mit Investmentfonds gehören.
- Zur verstärkten Wahrnehmung dieser Aufgaben werden unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Bundestages zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 2021 für „Cum/Ex“ 6 zusätzliche Planstellen und für die Aufgabe „Bußgeld- und Strafsachenstelle“ 25 zusätzliche Planstellen ausgebracht.
Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung bleibe darüber hinaus eine wichtige Aufgabe der Zollverwaltung. Die hierfür erforderlichen Haushaltsmittel seien von der Bundesregierung regelmäßig nach Maßgabe des Haushaltsgesetzgebers
eingeplant.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin