Aus wistra 5/2020
Der Landesrechnungshof (LRH) Sachsen-Anhalt hält in seinem aktuellen Jahresbericht (2019) Folgendes als zentrale Punkte fest:
- Die Fahndungs- und Strafsachenstellen haben von den Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung zu wenig Gebrauch gemacht. Im Durchschnitt konnten nur rd. 12% der von ihnen aufgedeckten hinterzogenen Steuern eingenommen werden. Die Finanzämter setzen weitgehend keine Hinterziehungszinsen für Einkommensteuer-Vorauszahlungen fest, weil die Fahndungs- und Strafsachenstellen ihnen keine Berechnungsgrundlagen melden.
- Im Jahr 2015 wies die Statistik für hinterzogene Steuern aufgrund eines Erfassungsfehlers rd. 77 Mio. EUR zu viel aus.
- Wegen einer unzureichenden IT-Ausstattung verzögert sich die Auswertung beschlagnahmter Daten erheblich.
Der LRH hat 2018 die Arbeitsweise im Bereich der Fahndungs- und Strafsachenstellen (ehemals „Bußgeld- und Strafsachenstellen“ sowie „Steuerfahndung“) geprüft. In Sachsen-Anhalt gibt es zwei Fahndungs- und Strafsachenstellen. Sie sind bei den Finanzämtern Halle (Saale) und Magdeburg eingerichtet. Die Prüfung des LRH erfolgte in beiden Finanzämtern.
Im Rahmen der Fahndungsprüfungen ermittelt die Steuerfahndung sämtliche Besteuerungsgrundlagen der betroffenen Steuerpflichtigen. Sie sind – so führt der LRH weiter aus – Grundlage für die anschließend festgestellten Mehrergebnisse (Mehrsteuern). Der LRH habe untersucht, zu welchem Anteil die von der Steuerfahndung festgestellten Mehrergebnisse kassenwirksam geworden sind. Für die Untersuchung habe der LRH bei den beiden Fahndungsstellen jeweils etwa 70 Fälle per Zufallsauswahl ermittelt, deren Mehrergebnisse in den Jahren 2015 bis 2017 festgesetzt worden sind. Unberücksichtigt seien die Fälle geblieben, bei denen sich das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt außerhalb von Sachsen-Anhalt befindet. Das kassenwirksam gewordene Ergebnis habe der LRH aus Vereinfachungsgründen in der Weise ermittelt, dass er von den festgestellten Beträgen die als noch „offen“ ausgewiesenen Beträge abgezogen hat. Dabei handele es sich bei den als „offen“ ausgewiesenen Summen um Steuern, die bisher nicht erfolgreich vollstreckt werden konnten.
Die statistische Auswertung der Prüfungen vermögensabschöpfender Maßnahmen für die Jahre 2015 bis 2017 hat nach der Darstellung des LRH ergeben, dass im Finanzamt Halle (Saale) insgesamt 61 Prüfungen registriert wurden, während für den gleichen Zeitraum beim Finanzamt Magdeburg nur sieben Prüfungen aufgezeichnet waren. Nach Auskunft des Ministeriums der Finanzen habe man diese Fälle erst seit 2016 vollständig erfasst. Dennoch verdeutlicht diese Auswertung nach Ansicht des LRH das bestehende klare Missverhältnis zwischen den Finanzämtern. Im Finanzamt Halle (Saale) seien zwei Bearbeiter mit der Prüfung der Vermögensabschöpfung beauftragt, während im Finanzamt Magdeburg zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen nur ein Bearbeiter mit dieser Aufgabe betraut war. Dieser Bearbeiter sei zudem in eine Ermittlungsgruppe einbezogen worden, die keine zeitlichen Spielräume für seine Sonderzuständigkeit zuließ. Somit hätten im Finanzamt Magdeburg zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen keine weiteren Prüfungen zur Sicherung der Steueransprüche in laufenden Steuerstrafverfahren mehr stattgefunden (Drs. 7/5415).
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin