Aus wistra 6/2020
Das bayerische Finanzministerium weist darauf hin, dass es die zentrale Aufgabe der Finanzämter ist, die nach den Steuergesetzen geschuldeten Leistungen gleichmäßig zu erheben. Die Finanzämter seien nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit wegen aller verfolgbaren Straftaten ohne Ansehen der Person einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, und den Sachverhalt zu erforschen. Ergebe sich der (Anfangs-)Verdacht einer verfolgbaren Steuerstraftat, so sei – auch zum Schutz des Verdächtigen (u.a. Auskunftsverweigerungsrechte) – ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Dabei führten die Bußgeld- und Strafsachenstellen (BuStra) bei den Finanzämtern nach den Vorschriften der AO das Ermittlungsverfahren selbstständig durch und nähmen insoweit die Rechte und Pflichten wahr, die der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zustehen. Die Steuerfahndungsstellen (Steufa) seien gemäß § 208 AO mit der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten, der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in diesen Fällen sowie der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle beauftragt (Drs. 18/6752).
Weiter wird mitgeteilt, dass die in den Steuerfahndungssowie Bußgeld- und Strafsachenstellen statistisch erfassten Eingangszahlen alle Vorgänge enthalten, die in dem jeweiligen Jahr die Steuerfahndungs- bzw. Bußgeld- und Strafsachenstelle erreicht haben. Dazu gehörten z.B. Prüfungsberichte der Prüfungsdienste, Meldungen aus den übrigen Arbeitsbereichen des Finanzamts, externe Anzeigen sowie Selbstanzeigen. Dabei handele es sich allerdings keineswegs ausschließlich um Verdachtsfälle von Steuerhinterziehung.
In den Jahren 2016 bis 2019 seien folgende Eingangszahlen in den bayerischen Steuerfahndungs- sowie Bußgeld- und Strafsachenstellen zu verzeichnen:
Steufa | BuStra | |
2016 | 13.364 | 20.582 |
2017 | 13.999 | 21.769 |
2018 | 14.237 | 19.563 |
2019 | 9.394 | 20.169 |
Die Erledigung der o.g. Eingänge wird nur hinsichtlich der eingeleiteten Straf- und Bußgeldverfahren statistisch erfasst:
2016 | 2017 | |||
Abgeschlossene Verfahren | 7.603 | 7.747 | ||
Art der Erledigung: | ||||
Abgabe an BuStra (außerhalb Bayerns) |
9 | 0,12% | 5 | 0,07% |
Einstellung (§ 170 Abs. 2 StPO) |
3.220 | 42,35% | 2.488 | 36,88% |
Einstellung (§ 153 StPO, § 398 AO) |
453 | 5,96% | 473 | 7,01% |
Einstellung (§ 153 StPO, § 398a AO) |
2.001 | 26,32% | 1.960 | 29,05% |
Antrag auf Strafbefehl | 1.146 | 15,07% | 1.005 | 14,90% |
Abgabe an Staatsanwaltschaft | 774 | 10,18% | 816 | 12,09% |
2018 | 2019 | |||
Abgeschlossene Verfahren | 6.379 | 5.980 | ||
Art der Erledigung: | ||||
Abgabe an BuStra (außerhalb Bayerns) |
5 | 0,08% | 10 | 0,17% |
Einstellung (§ 170 Abs. 2 StPO) |
2.381 | 37,33% | 2.299 | 38,44% |
Einstellung (§ 153 StPO, § 398 AO) |
410 | 6,43% | 413 | 6,91% |
Einstellung (§ 153 StPO, § 398a AO) |
1.175 | 27,82% | 1.540 |
25,75% |
Antrag auf Strafbefehl | 1.010 | 15,83% | 884 | 14,78% |
Abgabe an Staatsanwaltschaft | 798 | 12,51% | 834 | 13,95% |
Im angefragten Zeitraum wurden Strafverfahren und Bußgeldverfahren in nachfolgend benannter Anzahl von den Steuerfahndungs- und Bußgeld- und Strafsachenstellen in Bayern eingeleitet:
Strafverfahren:
Steufa | BuStra | |
2016 | 1.281 | 6.859 |
2017 | 1.280 | 6.806 |
2018 | 1.350 | 6.491 |
2019 | 1.079 | 6.556 |
Bußgeldverfahren:
Steufa | BuStra | |
2016 | 6 | 289 |
2017 | 25 | 331 |
2018 | 5 | 345 |
2019 | 12 | 318 |
Zur Höhe der in den Jahren 2016–2019 geforderten Steuernachforderungen bzw. -zahlungen sollen in den Bußgeld- und Strafsachenstellen keine statistischen Aufzeichnungen geführt werden. Die Prüfungen der Steuerfahndungsstellen hätten aber folgende vorläufige Mehrergebnisse ergeben (in EUR):
2016 | 424.426.758 |
2017 | 328.670.486 |
2018 | 528.797.396 |
2019 | 538.481.500 |
Erläuternd sieht sich das Ministerium gehalten anzumerken, dass sich im Rahmen von Einspruchs- und Klageverfahren die Mehrergebnisse vermindern können. Auch führe eine reine Festsetzung nicht immer dazu, dass die Steuern tatsächlich in voller Höhe entrichtet werden.
Bußgelder werden bei Ordnungswidrigkeiten in Fällen leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 AO verhängt. In den genannten Jahren beliefen sich diese Bußgelder (in EUR) auf:
2016 | 441.900 |
2017 | 490.690 |
2018 | 598.950 |
2019 | 601.888 |
In den genannten Jahren wurden Geldstrafen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO wie folgt verhängt (in EUR):
2016 | 12.509.380 |
2017 | 22.645.730 |
2018 | 11.312.130 |
2019 | 12.472.665 |
Vorgänge aus der eigenen Verwaltung gingen in folgender Anzahl bei den Steuerfahndungsstellen ein:
2016 | 5.529 |
2017 | 5.518 |
2018 | 18.272 |
2019 | 3.206 |
In den Bußgeld- und Strafsachenstellen gingen von den Prüfungsdiensten und aus dem übrigen Finanzamtsbereich Eingänge in nachfolgender Höhe ein. Aufzeichnungen darüber, ob es sich insofern um Selbstaufgriffe oder externe Anzeigen handelt, werden nicht geführt.
2016 | 19.297 |
2017 | 19.825 |
2018 | 18.272 |
2019 | 19.015 |
Da strafbefreiende Selbstanzeigen üblicherweise nicht bei der Steuerfahndung eingehen, erfolgt diesbezüglich keine gesonderte statistische Erfassung. Statistische Aufzeichnungen zum Eingang von Selbstanzeigen in den bayerischen Bußgeld- und Strafsachenstellen werden ausweislich der Darstellung des Ministeriums nur im Zusammenhang mit Kapitalanlagen in der Schweiz geführt.
Diesbezüglich lassen sich für die angefragten Jahre folgende Werte feststellen:
2016 | 459 |
2017 | 272 |
2018 | 123 |
2019 | 44 |
In den Steuerfahndungsstellen und in den Bußgeld- und Strafsachenstellen sind in folgendem Umfang externe (nicht aus der bayerischen Steuerverwaltung) Hinweise und Anzeigen eingegangen:
Steufa | BuStra | |
2016 | 7.835 | 1.285 |
2017 | 8.481 | 1.944 |
2018 | 9.863 | 1.291 |
2019 | 6.188 | 1.154 |
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin