Aus wistra 6/2020
Bei Cum-Ex-Geschäften werden ausweislich einer Anfrage im Landtag von Niedersachsen rund um einen Dividendenstichtag herum Aktien „verschoben“ (Drs. 18/5932). Auf diesem Wege werde versucht, sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Fiskus erstatten zu lassen. Das Niedersächsische Finanzministerium erklärt hierzu einleitend (Drs. 18/6121), dass für Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2011 zufließen, durch Anpassungen des EStG das Verfahren zum Einbehalt und zur Bescheinigung der Kapitalertragsteuer bei girosammelverwahrten Aktien von einer Nettoregulierung auf eine Bruttoregulierung umgestellt wurde. Seither sei bei girosammelverwahrten Aktien die auszahlende Stelle zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Dies sei regelmäßig das depotführende Kreditinstitut, welches dem Aktionär auch die Kapitalertragsteuer bescheinigt. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei der Steuermissbrauch, der mit den Cum-Ex-Geschäften in den Altjahren betrieben wurde, seither nicht mehr möglich. Die Finanzämter seien aber weiterhin dabei, bundesweit Altfälle – also Fälle aus der Zeit vor der o.g. Gesetzesänderung – zu identifizieren und im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten aufzugreifen. Der Landesregierung lägen keine Erkenntnisse vor, dass Cum-Ex-Geschäfte nach den ergriffenen gesetzlichen Maßnahmen in Deutschland noch praktiziert werden.
Derzeit seien der Landesregierung keine Banken oder Sparkassen, die ihren Sitz in Niedersachsen haben, bekannt, die in Cum-Ex-Geschäfte involviert waren. In der Aufarbeitung der Cum-Ex-Gestaltungen stünden die Finanzbehörden des Bundes und der Länder in engem Austausch. Ein Vertreter des Landesamts habe beispielsweise an einem bundesweiten Erfahrungsaustausch zur Aufarbeitung von Cum-Ex-Geschäften teilgenommen. Die Task Force beim Landesamt habe im Austausch mit anderen Landesfinanzbehörden Ermittlungsansätze geprüft und eine Risikobewertung vorgenommen. Die niedersächsischen Finanzämter seien mehrfach und umfassend über die Thematik informiert worden, dass durch Leerverkäufe um den Ausschüttungstermin herum die Gefahr einer mehrfachen Bescheinigung und Anrechnung von Kapitalertragsteuer bestand. Dabei seien auch mögliche Erkennungsmerkmale bei der Veranlagung und im Rahmen von Betriebsprüfungen erläutert worden.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin