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Abschlussprüferaufsicht II

Aus wistra 1/2021

Nachdem bereits in der Vorausgabe über Wirtschaftsprüfer und die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) berichtet wurde, veranlasst ein weiterer parlamentarischer Vorgang im Bundestag (BT-Drs. 19/22562) eine Ergänzung hierzu: In einem Beitrag zur zivilrechtlichen Verantwortlichkeit von Abschlussprüfern für Pflichtverletzungen im Rahmen der gesetzlichen Abschlussprüfung wird auf § 323 Abs. 1 S. 3 HGB verwiesen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, ist der zu prüfenden Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Gem. § 323 Abs. 2 HGB ist die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, dabei auf eine Million Euro für eine Prüfung und bei der Prüfung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf vier Millionen Euro für eine Prüfung beschränkt.
Zur Anwendung des § 323 HGB in der Gerichts- oder sonstigen Rechtspraxis lägen der Bundesregierung – so wird ausgeführt – keine Erkenntnisse vor. Die Begrenzung der zivilrechtlichen Haftung von Abschlussprüfern bei pflichtwidrigem, aber nicht vorsätzlichem Handeln stehe im Einklang mit der Empfehlung 2008/473/EG der Europäischen Kommission vom 5.6.2008. Die EU-Mitgliedsstaaten sähen in teils unterschiedlichem Umfang verschiedene Modelle der Haftungsbegrenzung vor. Das Modell einer gesetzlichen Haftungshöchstsumme (vgl. § 323 Abs. 2 HGB) gebe es nicht nur in Deutschland, sondern auch in mehreren anderen EU-Mitgliedsstaaten. Die Regelung der Haftung von Abschlussprüfern gegenüber dem geprüften Unternehmen war von Anfang an verbunden mit einer Haftungsbeschränkung bei Fahrlässigkeit. Für die Haftungsbeschränkung sei bei der Einführung im Jahr 1931 die Erwägung maßgeblich gewesen, dass bereits geringfügige Versehen bei der Prüfung zu ungewöhnlich großen Schäden führen könnten. Die Europäische Kommission führe in der o.g. Empfehlung zudem an, dass eine unbeschränkte Haftung Prüfungsgesellschaften vom Eintritt in den internationalen Markt für Abschlussprüfungen bei börsennotierten Unternehmen abhalten könne; die Haftungsbeschränkung werde als Maßnahme zum Schutz dieses Marktes vor zu starker Konzentration angesehen.
Bei der APAS sind nach den Angaben der Bundesregierung derzeit 30 Mitarbeiter tätig, die zuvor bei einer der sog. Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beschäftigt waren; das seien etwa 58 Prozent aller Mitarbeiter der APAS. Die Prüfstelle der DPR verfüge einschließlich des Präsidenten und der Vizepräsidentin derzeit über 15 Mitarbeiter. 12 Mitarbeiter (80 %) seien vor ihrer Tätigkeit als Prüfer bei der DPR bei einer der „Big Four“-Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig gewesen. Die Mehrzahl dieser Personen sei zwischen ihrer Tätigkeit bei einer dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und ihrer Anstellung bei der DPR einer anderen Tätigkeit nachgegangen.
Die APAS führt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages ohne besonderen Anlass bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse durchführen, Inspektionen durch. Bei ihren anlassunabhängigen Inspektionen bewertet die APAS den Aufbau des internen Qualitätssicherungssystems der Abschlussprüferpraxis, überprüft die Einhaltung der Qualitätssicherungsmaßnahmen in den Verfahren und untersucht in Stichproben die Prüfungsunterlagen von einzelnen (von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchgeführten) Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, um die Wirksamkeit des internen Qualitätssicherungssystems der Abschlussprüferpraxis zu ermitteln. Dabei werden die Prüfungsunterlagen materiell-inhaltlich daraufhin beurteilt, ob im Rahmen der Abschlussprüfung die gesetzlichen und berufsständischen Vorgaben zur Durchführung von Abschlussprüfungen eingehalten wurden und insofern das Qualitätssicherungssystem der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angemessen ausgestaltet und wirksam ist. Die APAS veröffentlicht auf ihrer Internetseite Jahresberichte hierzu.
Die APAS führte zum 31.12.2019 insgesamt 243 anlassbezogene Berufsaufsichtsverfahren. Die nachfolgende Übersicht zeigt die Entwicklung der Anzahl der Verfahren seit Bestehen der APAS bis zum 31.12.2019. Erledigte Verfahren stellen Verfahren dar, die durch eine bestandskräftige Maßnahme oder anderweitig rechtswirksam abgeschlossen sind.

 

Jahr
 
2. Hj.
2016
2017 2018 2019
Anfangsbestand 62 69 115 206
eingeleitete Verfahren 19 58 113 99
erledigte Verfahren 12 12 22 62
offene Verfahren 69 115 206 243
         
Anlass zu Einleitung        
– Hinweis DPR/BaFin 12 25 34 26
– Inspektion 0 25 56 31
– Beschwerden 3 1 8 28
– Marktbeobachtung 1 4 8 6
– Sonstiges 3 3 7 8
         
Ergebnis        
– Rüge 1 0 7 23
davon mit Geldbuße 0 0 3 4
– Einstellung 11 11 11 27
davon mit Hinweis 11 4 7 18
– Sonstiges 0 1 4 12



Die BaFin muss im Rahmen der Bilanzkontrolle erlangte Tatsachen, die auf das Vorliegen einer Berufspflichtverletzung durch den Abschlussprüfer schließen lassen, an die APAS übermitteln (§ 110 Abs. 2 S. 1 WpHG). Zudem kann sie gemäß § 66c Abs. 1 S. 3 WPO der APAS Informationen übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Abschlussprüferaufsichtsstelle erforderlich ist. Bußgeldentscheidungen nach § 332 Abs. 4a VAG hat die BaFin gem. § 334 Abs. 3a VAG an die APAS zu übermitteln. Erlangt sie ansonsten Kenntnisse über eine mögliche Berufspflichtverletzung des Abschlussprüfers bei der Unternehmensaufsicht nach dem KWG, ZAG, VAG und KAGB, besteht keine Mitteilungspflicht an die APAS; anlassbezogen wurden jedoch Meldungen vorgenommen.
Das Bundesministerium der Wirtschaft (BMWi) führt die Rechtsaufsicht über die APAS und überwacht dabei die Einhaltung der geltenden Gesetze und Satzungen durch die APAS bei der Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben, einschließlich bei der Ausübung der Fachaufsicht der APAS über die Wirtschaftsprüferkammer (WPK). Ein fachliches Weisungsrecht steht dem BMWi ausweislich der Darstellung der Bundesregierung gegenüber der APAS nicht zu. Im Rahmen der Rechtsaufsicht des BMWi über die APAS lasse sich das BMWi von der APAS fortlaufend über ihre Tätigkeit informieren. Es fänden regelmäßige Austausche zwischen BMWi und APAS über Rechts- und Auslegungsfragen zu nationalen und europäischen Themen statt. Ferner teile das BMWi der APAS zu konkreten Einzelfragen mit, ob es die Rechtsauffassung der APAS teilt. Darüber hinaus informiere die APAS das BMWi einmal im Jahr schriftlich über die laufenden öffentlichkeitswirksamen Berufsaufsichtsverfahren.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin
 


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